Auch der dröge Willy Stoph stand im Verdacht

■ Eine Talk-Show im Schwulenzentrum »SchwuZ« über das »Outing« von schwul/lesbischen Prominenten

Kreuzberg. Heimlich schwule (und lesbische) Prominente sollen an den Pranger: »Wir wollen jetzt Namen hören«, forderte Moderator Lutz Ehrlich beim »TalkSchwuZ« am vergangenen Wochenende.

Outing hieß das brisante Thema der Talk- Show im Kreuzberger Schwulenzentrum diesmal. Das New Yorker Schwulenmagazin 'Outweek‘ startete die erste Outing-Bewegung im letzten Jahr. Das Magazin enttarnte amerikanische Prominente öffentlich als schwul oder lesbisch. Sinn der umstrittenen Kampagne: mehr Akzeptanz für Schwule und Lesben in der Gesellschaft. Der verstorbene Dollar-Milliardär und Reagan-Freund Malcolm Forbes, Frauenschwarm Richard Chamberlain und »Nightfever«-Tänzer John Travolta gehören zu den bisher geouteten.

Als potentielle Opfer des Abends im TalkSchwuZ erschienen Schnulzenkönigin Marianne Rosenberg und ihre Freundin Marianne Enzensberger — beide schon seit Jahren im Verdacht einer outenswerten Liaison. Außerdem anwesend: über 250 zumeist männliche ZuschauerInnen, die gespannt auf Enthüllungen waren.

»Stoph stand im Verdacht«, verkündete dann der offen schwule MdA Christian Puls vom Bündnis 90, fand Outing jedoch »nicht so sinnvoll«. Besser sei, »intern mit heimlich schwulen Künstlern ins Gericht zu gehen«. Sänger Marian Gold von Alphaville (Big in Japan) nannte es »1984ermäßig, die Monster immer auf die Titelseite zu knallen«, Marianne Rosenberg erklärte Sex zur »Privatsache« und bezeichnete sich selbst als »hollywoodhaft«. Marianne Enzensberger machte sich Sorgen um Heteros, die in der Öffentlichkeit fälschlich als lesbisch/schwul bezeichnet werden könnten: »Dementis sind dann absurd.« Tornado-Kabarettist Günther Thews hielt dagegen und gestand: »Klatsch muß sein.« Am wichtigsten sei für ihn allerdings das »Inning«, der Durchblick durch sich selbst.

»Bisher gab es bis auf Sedlmayr kein ernstzunehmendes Outing in Deutschland«, klagte der Journalist und Ex-tazler Elmar Kraushaar. Er selbst habe deshalb bislang kein Outing betrieben, »weil es noch nicht an der Zeit ist. Die Medien wollen einfach nicht. Es fehlt die schwule Basis.« Outing sei aber schon deshalb nötig, weil es für Heranwachsende »zu wenig schwule Identifikationspersonen« gebe. Er habe sich als 17jähriger nur Oscar Wilde und Rosa von Praunheim an die Wand kleben können. Reaktion eines Zuschauers: »Zwangsgeoutete sind keine Vorbilder.«

Das Publikum im SchwuZ meldete sich erst gegen Ende des »Kaffeekränzchens der Berufsschwulen« zu Wort. Man müsse auch an die Gefühle des Geouteten denken, solle vor allem zu sich selber stehen und die Persönlichkeitsrechte anderer respektieren, kritisierten die meisten das Outing. Nur einer regte ein »Massen-Outing« an: Jeder Prominente, ob schwul/lesbisch oder nicht, solle geoutet werden. Dadurch werde die Diskriminierung von Schwulen sinnlos. Reaktion von Elmar Kraushaar: »Eine schöne Erweiterung.«

Vor Ort blieben Enthüllungen über Anwesende und Prominente, auf die so mancher wohl gehofft hatte, aus: »Ich finde Hausfrauen toll«, bekannte Marianne Rosenberg mit Blick auf ihre Fans, fügte dann jedoch sibyllinisch hinzu: »Ich liebe hoffnungslos Typen.« Marc Fest