Die letzten Kriegsgeschäfte?

■ Mit Moral sind die Spekulationsgeschäfte an den Börsen nicht aufzuhalten

Die internationalen Finanzmärkte haben den Beginn des Krieges im Mittleren Osten weggesteckt und erwartungsgemäß mitgenommen, was mitzunehmen war. In erster Linie waren es Kursgewinne bei den Aktien. Hauptsächliche Ursache ist das Abfallen des Ölpreises. Bleibt dieser in etwa auf dem derzeitigen Niveau — es ist das gleiche wie vor der Kuwait-Invasion —, dürfen wir mit Interesse den kommenden beiden Monaten entgegensehen: Dann nämlich werden die Rohöllieferungen fällig, mit denen in den vergangenen beiden Wochen so heftig spekuliert wurde. Wer sich nicht rechtzeitig von seinen teuren Terminkontrakten hat trennen können, wird dann tiefrote Zahlen schreiben, weil er das Öl zu Preisen um dreißig Dollar geordert hat. Und auch wenn die Handelshäuser oder andere Spekulantentruppen lediglich rosa Zahlen schreiben, weil sie sich mit kalkuliertem Verlust von ihren Papieren getrennt haben, wird alsbald sehr schön erkennbar sein, wer am Golfkrieg am allerschnellsten verdienen wollte.

Allerdings: Die Schadenfreude über abgestürzte Ölpreise und die Empörung über die Aktionäre als Kriegsgewinnler, so berechtigt sie auch sind, führen nicht weit. Denn wer den Spekulanten am gründlichsten das Geschäft verderben wollte, müßte vermutlich einen langandauernden Krieg fordern. Eine Moral haben die Märkte weder im expliziten Kriegsfall noch im sogenannten Frieden: Profite durch Verknappungen werden auch mit Hilfe von Streiks gegen katastrophale Arbeitsbedingungen in südafrikanischen Platinminen oder mittels Dürren im Kaffee-Anbaugebiet Brasiliens gemacht — nur wird dies im reichen Norden kaum registriert. Ebenso erweist sich auch die Frage schnell als absurd, ob ein niedriger Ölpreis wenigstens nützlich ist. Hilft er nicht auch der Dritten Welt, weil so die Importrechnungen gesenkt werden? Führt eine Verbilligung des Brennstoffes nicht zur Verringerung des Raubbaus an den Regenwäldern? Und vertreten die USA am Golf nicht damit das Anliegen derjenigen, die ihnen immerfort Ausbeutung vorgeworfen haben?

Daß der Golfkrieg zur Sicherung des Öls dient, ist ebenso unwiderlegbar wie der Umstand, daß mit jeder in Bagdad und Tel Aviv niedergehenden Rakete Geschäfte gemacht werden. Was bleibt, ist die Hoffnung, daß dieser Krieg die letzte große militärische Auseinandersetzung ist. Nur dadurch sind derartige Spekulationsgeschäfte zu verhindern. Auch wenn dies viel Arbeit und eine veränderte politische Kultur erfordert, so ist das keine schlechte Perspektive — und die einzige. Dietmar Bartz