„Dem Untergang geweiht“

■ Edgar Müller, Präsident des Genossenschaftsverbandes der DDR, zu den Bauernprotesten

INTERVIEW

taz: Wie hat der Landwirtschaftsminister Pollack am vergangenen Dienstag auf den dramatischen Lagebericht der Bauern reagiert?

Edgar Müller: Im Ministerium hat man uns wieder beschwichtigen wollen. Zwar wurde ein Marktordnungsgesetz vorgelegt und mit der Agrarunion seit dem 1. August die EG -übliche Intervention für Getreide, Fleisch und Milchpulver eingeführt. Aber diese Rahmenbedingungen wirken nicht in der Praxis.

Die Abnahme von Schweine- und Rindfleisch hat sich teilweise verbessert - das aber vor allem, weil westdeutsche Händler zu Billigpreisen ankaufen. Solche Dumpingpreise verträgt keine Landwirtschaft. Wir verkaufen schon seit drei Monaten, ohne dafür Geld zu bekommen.

Was sind die konkreten Forderungen der Bauernverbände?

Es müssen klare Aussagen zur zukünftigen Struktur der Landwirtschaft und Eigentum an Grund und Boden getroffen werden. Dem Gesetz vom 6. März 1990 über den Landerwerb fehlen noch die Durchführungsbestimmungen. Es darf ja nur verkauft werden, wenn entschieden ist, um welche Eigentumsform es sich handelt. Das aber wird drei Jahre dauern. Unsere LPG zum Beispiel ist 8.500 Hektar groß. Wir haben eine Verkleinerung der Betriebe versucht, um sie effizienter zu gestalten, scheitern aber an der Eigentumsfrage. Jetzt wollen wir die Genossenschaft auflösen und bieten allen Mitgliedern, die Land eingebracht haben, an, selbst zwischen privatbäuerlicher, kollektiver oder Pachtwirtschaft zu entscheiden. Im Ministerium ist man natürlich der Meinung, daß die Proteste unberechtigt sind. Dann würden aber nicht so viele Bauern hierher kommen. Ohne Strukturveränderung ist die Landwirtschaft dem Untergang geweiht.

Interview: Irina Grabowski