„Alles gemacht, was ich mir in den Kopf setzte“

■ Die Schriftstellerin Leonie Ossowski wird heute 65. Aus diesem Anlaß stellte die taz Fragen an die Autorin - und erhielt einige überraschende Antworten

taz: Leonie, 65 ist kein Alter, aber doch ein Anlaß, zurückzuschauen. Worauf blickst du gern zurück?

Leonie Ossowski: Auf meine Kinder. Auf einige Arbeitssituationen. Und darauf, daß mein Beruf mich sehr frei und unabhängig gemacht hat.

Diese Freiheit war in deinem Leben so nicht vorgesehen?

Überhaupt nicht. Ich habe sieben Kinder, schon deshalb habe ich immer Geld verdienen müssen. Aber ich mußte oft Dinge tun, die mir nicht gelegen und nicht gefallen haben. Und ich bin zum dritten Mal verheiratet. Zwei Ehen hatten überhaupt nichts mit Freiheit zu tun, die dritte zur Hälfte. Meine Freiheit liegt tatsächlich in meinem Beruf.

Wie kamst du zum Schreiben?

Ich habe eine ganz gute Beobachtungsgabe, und es machte mir Freude, bestimmte Situationen aufzuschreiben.

Wann hast du damit angefangen?

Nach der Trennung von meinem ersten Mann lebte ich allein, ich war 24, da wurde Schreiben wichtig für mich. Ich schrieb kleine, skurrile, zum Teil auch sehr lustige Geschichten, die mir heute noch gefallen. Meine erste größere Arbeit war ein Drehbuch bei der DEFA, das Frank Beyer realisiert hat. „Zwei Mütter“ - Frank Beyers erster Film und mein erstes Drehbuch, eine Co-Produktion mit Frankreich.

Den Kommunismus ansehen

DEFA und Frank Beyer - das bedeutet DDR. Wie ergab sich diese Zusammenarbeit?

Ich lebte schon in Westdeutschland, ging aber aus politischen Gründen für längere Zeit nach Ost-Berlin. Ich wollte mir den Kommunismus ansehen. Mein Geld hatte ich bis dahin auf dem Jahrmarkt verdient und dann ein Drehbuch geschrieben - so wie ich mir ein Drehbuch vorstellte, ohne jemals eines gesehen zu haben.

„Auf dem Jahrmarkt Geld verdient“ - ist das eine Metapher?

Nein, auf Volksfesten mit Buden. Ich habe verkauft, was man da so verkauft - Lose, Plastikschürzen. In den aufregenden Zeiten kurz nach der Währungsreform gab es viele merkwürdige Typen. Manche tauchten auf den Jahrmärkten unter, aus was für Gründen auch immer. Da konnte man was erleben. Ich fuhr dann nach Berlin, zur DEFA. Ich bin da ganz kess hingegangen und habe das Drehbuch gezeigt. Daraufhin wurde ich für sechs Wochen als Gast zur DEFA eingeladen. Da bin ich geschult worden, ich zehre heute noch von dieser Lehrzeit. Ich habe von morgens bis abends Drehbücher gelesen, Filme gesehen. Und anschließend hatte ich immer einen Gesprächspartner, einen Dramaturgen, mit dem ich das alles bereden konnte. Nach sechs Wochen wurde ich zum damaligen Chefdramaturgen gebeten. Er legte mir das Expose eines Films vor, das einen guten Plot hatte, aber unmöglich ausgearbeitet war. Und ich sollte das bearbeiten.

Westler schöpften den Rahm ab

Wieso konntest du in der DDR und bei der DEFA arbeiten? War, so kurz nach Gründung der beiden deutschen Staaten, eine solche Zusammenarbeit überhaupt möglich?

Das ging ganz hervorragend. Die DDR war ein Land, wie man sich das heute gar nicht mehr vorstellen kann. Es gab eine gute Zusammenarbeit, und die Stimmung war gut. Da waren damals die Franzosen, Yves Montand und Simone Signoret haben seinerzeit in der DDR gedreht. Die Arbeit lief auf einem hohen Niveau. Und ich konnte was verdienen. Wir bekamen einen kleineren Teil in D-Mark ausbezahlt.

Du hattest von der DDR den Eindruck eines Staates im Aufbruch?

Absolut. Unangenehm war sicher, daß die DDR-Autoren wenig zum Zuge kamen. Westberliner hauptsächlich, aber auch Westdeutsche hatten sich bei der DEFA ziemlich festgesetzt und schöpften den Rahm ab. Deswegen wurden wir nachher 1958, '59 - rausgebeten oder rausgefeuert, was ich richtig fand.

Du gingst in die DDR, um dort zu arbeiten - Hunderttausende DDRler verließen das Land. Wie erklärst du dir diesen Widerspruch?

Sicher war das ein Widerspruch. Aber ich war in den 50er Jahren so begeistert, daß ich mir sogar lange Zeit überlegte, in die DDR zu ziehen. Den Künstlern ging es dort sehr viel besser, aber auch, was sonst noch vor sich ging, all diese Vorstellungen von Sozialismus - das hat mich ausgesprochen fasziniert.

Es gab seit Anfang der 50er Jahre Klagen von Schriftstellern und anderen Künstlern über zunehmende Zensur.

Das stimmt. Ich kann von heute aus gesehen nur sagen: Ich hab das wohl gerochen, aber ich bin damit nicht in Berührung gekommen. Ich habe das erst deutlich gemerkt, als ich das Expose zu Stern ohne Himmel vorlegte. Da hieß es zum erstenmal Nein, wir machen keinen Film, in dem Kirchenmusik und Kirche in wichtiger Position im Drehbuch vorkommen. Da bin ich hellhörig geworden.

Ich hatte ja eine großbürgerliche Erziehung hinter mir, deren Grundlagen waren aber für mich zusammengebrochen, und mein Selbstbewußtsein war angekratzt. Ich stand mit Mitte 20 wie nackt und bloß da, und nichts stimmte mehr. Wohl deshalb schien mir das, was ich in der DDR kennenlernte, sehr imponierend.

1953 hatte es den 17. Juni gegeben, 1956 war der Aufstand in Ungarn. Nichts davon konnte deine Begeisterung erschüttern?

Nein, das ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Sicher spielten meine Freunde, mein Umgang dabei eine wichtige Rolle. Ich war damals sehr viel mit Kurt Maetzig zusammen...

Dem Regisseur?

Ja, einer der Starregisseure der DEFA, später mit allen Orden behangen, eine sehr angesehene Persönlichkeit. Ich bin mit bestimmten Menschen und Situationen gar nicht in Berührung gekommen. Ich habe sie wohl auch nicht gesucht und was sich sonst noch tat nicht so ernst genommen. Ich weiß, da sind ziemliche Löcher in meinem Denken. Ich kann mir das nur damit erklären, daß ich mir so sehr gewünscht habe, irgendwo wieder eine politische Heimat zu finden. Ich hatte in Oberschwaben gewohnt und wurde sehr angefeindet, auch von meinem damaligen Mann, weil ich mein Geld in der Ostzone verdiente. Das hat mich wütend gemacht.

Die DDR

kam mir zupaß

Die Affinität zur DDR, zu dem - wie du meintest - neuen System, war das auch ein Protest gegen deine adelige Herkunft?

Ganz bestimmt nicht gegen meine Familie, gegen meine Herkunft vielleicht. Ich habe bis in die 70er Jahre mit meiner Herkunft gehadert, da war ich schon über 40. Mit 20 verlor ich alles, meine Herkunft war plötzlich kein Status mehr, war sogar gelegentlich eine Belastung. Das war ein Wendepunkt in meinem Leben, für den ich dankbar bin. Vielleicht wäre ich sonst geworden wie meine Mutter, eine „gerechte Gutsbesitzersfrau“, die dafür sorgte, daß die Leute, wenn sie krank waren, ihre Täubchen bekamen und die Kinder Schuhe hatten. Die ...

... „gute Herrin“?

Das klingt albern, aber da ist viel Wahres dran. Durch die Flucht und den Verlust des Besitzes und auch dadurch, daß dieser traditionellen Erziehung die Basis entzogen worden war, mußte ich etwas mit mir selbst anfangen.

Die Vertreibung als Chance?

Es war die Chance, mir meine eigene Existenz zu schaffen. Nur nach der politischen Heimat habe ich suchen müssen... Da kam mir die DDR zupaß. Dort sollte alles neu sein, alle sollten die gleichen Chancen haben, gemeinsam anfangen. Diese Solidarität!

Deine erste Heimat war verloren, die zweite Wahl - die DDR

-hast du später doch nicht gewählt. Hast du irgendwann etwas gefunden, das deinen Vorstellungen nahekam?

Ich habe tausend Dinge ausprobiert. Ich habe es sogar bei den Vertriebenenverbänden versucht, bis ich merkte, das war das Letzte, wo ich hingehöre. In den 60er Jahren kam dann die große Horizonterweiterung hier, das war sehr gut. Anfang der 70er Jahre fand ich schließlich zur SPD. Doch war das nur eine kurze Freude.

Du bist aber noch SPD-Mitglied?

Natürlich, aber ich muß mich ununterbrochen ärgern. Was ist das für eine Heimat, bei der man dauernd fragt, ob man sie verlassen soll? Ich fühle mich eher zähneknirschend zu dieser Partei hingezogen.

Auseinandersetzung kann sehr fruchtbar sein. Oder sind dir Sichwohlfühlen und Harmonie wichtiger?

Sicherlich bin ich mit meinem Harmoniebedürfnis vom Herrgott etwas zu groß bedacht worden. Ich habe mich, als ich noch in Mannheim wohnte, lange für die SPD eingesetzt und mußte mich zwangsläufig auseinandersetzen. Die Kleinkariertheit in den Ortsvereinen, der mangelnde Mut zur Spontaneität - das hat mich sehr gestört. Alles Neue war suspekt. Ich bin daran müde geworden. Für die Knastarbeit habe ich keinerlei Unterstützung bekommen.

Ungerechtigkeiten

regen mich auf

Wie bist du zur Knastarbeit gekommen?

Durch einen Zufall. Im Verlauf von Recherchen für einen Roman kam ich in eine Gerichtsverhandlung, in der sich vier junge Autoknacker selbst verteidigten. Das imponierte mir. Ich suchte Kontakt zu den Jungen, aber die weigerten sich zunächst, mit mir zu reden. Später wurde eine Freundschaft daraus. Ich wollte dann ein großes Fest für sie veranstalten. Meine Lautsprecheranlage paßte ihnen aber nicht, ich hatte nur einen normalen Plattenspieler, deshalb sind zwei in die polnische Kirche gegangen und haben dort die Lautsprecher geklaut. Dabei sind sie erwischt worden. Einer kam in den Knast, und ich war außer mir. Der Richter fragte mich später, ob ich Bewährungshelferin werden wollte. Ich fragte: Was muß man dazu können? Der Richter gab die klassische Antwort „Nichts“, ich bräuchte nur ein polizeiliches Führungszeugnis. Damit konnte ich aufwarten. Ich hatte gleich zwei Pfleglinge, der eine war nach drei Wochen wieder im Knast, der andere nach sechs Wochen. Mit Nichtskönnen konnte man die also nicht draußenhalten. Daraufhin fing ich an, richtige Knastarbeit zu machen, fast fünf Jahre lang.

Ist in deinem sozialen Engagement nicht auch noch ein Rest „gute Herrin“?

So hab ich mir die Frage noch nicht gestellt. - Ich glaube nicht. Nein, das hat eher mit meinem Sinn für Gerechtigkeit zu tun. Schon immer haben mich Ungerechtigkeiten gegenüber Randgruppen sehr aufgeregt. Ich hatte stets das Gefühl, ich müßte mich da einmischen. Als ich ganz jung war, war es die Situation der polnischen Zwangsarbeiter. Nein, das hatte nichts mit der „Gutsfrau“ zu tun.

Was hat Wahrheit und Gerechtigkeit so bedeutsam werden lassen?

Das hatte wohl mit der Flucht zu tun, mit dem furchtbaren Elend, das ich da gesehen habe. Eines Tages wurde vor meinen Augen ein LKW ausgeladen, eine Lastwagenladung toter Säuglinge... und ich war schwanger! Das vergißt man nie wieder.

Du bist in erstklassigen Verhältnissen aufgewachsen. Hattest du eine geborgene Kindheit?

Ich war ein Kind, das immer aus dem Elternhaus floh. Ich habe nie im Park gespielt, sondern immer in den Ställen. Und ich floh ins Dorf. In der Schule war ich miserabel, sogar in der Volksschule. Ich habe die Schule so sehr gehaßt, daß ich heute noch gelegentlich Alpträume habe. Mit vierzehn kam ich in ein Internat an den Bodensee. Es war natürlich Wahnsinn, ein Landkind aus der platten niederschlesischen Landschaft, wo das Tulpenbeet der Berg war, an den Bodensee zu schicken! Schon allein die Landschaft konnte ich nicht ertragen. Ich bin nicht gerade rausgeflogen, aber meine Eltern wurden aufgefordert, mich abzuholen.

Dann wollte ich

zum Militär

Du hast dann eine landwirtschaftliche Lehre gemacht...

Zuerst bin ich in Worms auf eine Reitschule gegangen. Und dann wollte ich zum Militär, um Remonten einzureiten...

Remonten?

Dreijährige Pferde, die zum Militär kommen und dort ausgebildet werden.

Hat man bei der Wehrmacht denn Frauen dafür genommen?

Ja, bei der Berittenen Artillerie. Das war zwar nicht üblich, aber es ging. Ich hatte alles schon erkundet und perfekt gemacht.

Wie kamst du darauf, zum Militär zu gehen; es war doch schon Krieg?

Ich hatte schon mit fünf Jahren reiten gelernt, und mir ging's nur um die Pferde und ums Reiten. Aber mein Vater hat das nicht zugelassen, ich mußte Landwirtschaft lernen. Aus der Landwirtschaftslehre flog ich raus, weil ich mich in einen belgischen Kriegsgefangenen verliebt hatte. Er war 19, ich war 16. Als das rauskam... das war eine schreckliche Geschichte.

Was ist mit dem belgischen Kriegsgefangenen passiert?

Er ist in ein Straflager gekommen. Ich habe jahrzehntelang seine Heimatadresse aufbewahrt, aber ich habe nie den Mut gehabt, nachzufragen, ob er das überlebt hat.

Dann kam ich nach Hause, machte dort die Lehre zu Ende. Der Prüfer von der Landwirtschaftskammer war ein strenger Nazi, und ich flog durch die Prüfung. Dann habe ich mich verlobt und geheiratet, den Nachbarsohn, der hatte auch ein Gut das paßte alles so zusammen.

War das nur die „Vorsehung“ deiner Eltern oder warst du selbst an einem Punkt, deren Vorstellungen nachzugeben heiraten, Kinder...

Ich glaube, ja. Meine Schwester und ich sind so erzogen worden: Mädchen heiraten. Das wurde uns nicht aufgedrückt, aber damit wurden wir groß. Meinen Eltern gefiel die Verbindung ganz gut, und ich wollte aus dem Elternhaus. Eine Art Flucht, gemischt mit Zuneigung, das wohl.

Heimat hat nichts

mit Besitz zu tun

Das ganze soziale Gefüge deiner niederschlesischen Heimat, die Landschaft - all das spielt in deinen Büchern eine ganz große Rolle. Möchtest du deinen Lesern eine Botschaft mitgeben?

Unbedingt. Ich bin besessen von der Idee, möglichst vielen Menschen verständlich zu machen, daß Heimat nichts mit Besitz zu tun hat. Man merkt ja, wie sehr ich die Landschaft, die Gegend liebe, jeden Baum. Man kann seine Heimat also lieben, ohne sie besitzen zu müssen. Das ist meine Botschaft - und mein ständiger Kampf mit den Vertriebenen.

Du machst keine Ansprüche geltend auf den Besitz?

Überhaupt nicht. Ich war mehrmals zu Besuch dort, zuletzt 1986. Ich will jetzt nicht mehr hin, ich habe da nichts mehr zu suchen. Den jungen Leuten sagt das alles nicht viel. Und die Älteren aus meiner Generation oder die noch Älteren, die haben mit meinem Erscheinen sofort die Assoziation der Zwangsarbeit und ihres Elends. Sie sind sehr freundlich zu mir, aber ich sehe ihren Gesichtern, ihren Augen an, was ihnen zu mir einfällt. Genau wie ich haben sie ihre Erinnerungen, aber sie haben keine guten.

Nach „Weichselkirschen“ und „Wolfsbeeren“ schreibst du jetzt den dritten Roman zu diesem Thema.

Natürlich habe ich mich gefragt, was mich so besessen macht daran. Die zentrale Frage ist für mich der Besitzanspruch, im Augenblick wieder ein deutsches Thema! Das muß nicht sein - und wenn das jemand sagen kann, dann kann ich das sagen. Der Besitz meines Vaters war 750 Jahre in der Familie, da könnte man schon Ansprüche anmelden. Aber ich kann so nicht denken. Dort im Dorf wächst jetzt die dritte Generation heran, für die ist das schon wieder Heimat.

Andere Menschen - nicht nur in den Vertriebenenverbänden haben ähnliche Erfahrungen wie du, kommen aber zu ganz anderen Schlüssen.

Ich versuche in meinen Büchern, die Schicksale aus beiden Perspektiven zu zeigen. Schlesien ist ja schon nicht mehr die Heimat meiner Kinder. Heimatvertriebener zu sein ist kein Beruf, man kann Heimat auch nicht vererben. Ich teile mir meine Heimat mit den Polen. Nichts wäre fürchterlicher für mich als der Gedanke, man würde sie von dort vertreiben.

Also nicht ein Unrecht durch das nächste ersetzen...

Das wäre doch nur eine ununterbrochene Kette!

Ich bin

wahnsinnig zäh

Gibt es ein Buch, das du nicht geschrieben hast?

Nein. Wenn ein Buch fertig ist, hat man ja erstmal diesen Zeugungskater. Zuerst passiert gar nichts, dann klopfen Themen an, Solange ein Thema vom nächsten verworfen wird, taugt es nichts. Bis der Moment kommt, wo man weiß: Das ist es! Mit dem Thema Vergewaltigung habe ich mich vier Jahre beschäftigt, und jetzt ist der Film in Produktion.

Bist du zäh?

Ich bin wahnsinnig zäh. Und ich habe eine Engelsgeduld. Ich habe bisher alles machen können, was ich mir in den Kopf gesetzt hatte. Mit mehr oder weniger Erfolg, aber das ist eine andere Sache.

Die Kritik ist nicht immer sanft mir dir umgegangen, weder die professionelle Literaturkritik noch die Kollegenkritik.

Ich denke, ich bin jetzt darüber hinweg...

Kann man je darüber weg sein?

Naja, vielleicht nicht ganz. Ich habe jedenfalls damit zu kämpfen gehabt. Bücher, wie ich sie schreibe, sind natürlich Unterhaltungsliteratur, aber keine Verdummungsliteratur. Es gibt nichts, was ich geschrieben habe, das nicht politisch wäre. Autoren wie ich bringen den Verlagen das Geld, mit dem Bücher gemacht werden können, die nur zwei- oder dreitausend Auflage haben. Das muß auch so gesehen werden.

Vicky Baum hat mit ihren Büchern den Amsterdamer Querido -Verlag mitfinanziert, in dem in der Zeit des deutschen Exils Bücher erscheinen konnten, die vermutlich sonst nicht gedruckt worden wären.

Ich meine das abseits jeder Eitelkeit: Bücher wie meine leisten so doch indirekt einen Beitrag für die andere Literatur.

Tut es nicht - trotz allen Räsonnierens - doch weh?

Es hat mich lange Zeit geschmerzt. Für Das Zinnparadies, ein kleines und, wie ich meine, literarisches Buch, habe ich keine einzige Rezension bekommen. Das ist mir schwer geworden. Aber - damit muß ich leben. Das Gespräch führte

Anna Jonas und Uwe Prel