Kuba gegen den Rest der Welt

■ Castro verteidigt sozialistischen Weg / Revolutions-Chef sieht Botschaftskrise als US-Verschwörung / Nach Zusammenbruch des sozialistischen Lagers steht Kuba eine tiefe Wirtschaftskrise ins Haus

Havanna/Berlin (wps/taz) - Fidel Castro zeichnete das Bild einer feindlichen Welt, die von Washington manipuliert werde, mit dem Ziel, Kuba in die Enge zu treiben. In seiner Ansprache zum Jahrestag des Angriffs auf die Moncada -Kaserne, mit dem vor 37 Jahren der Guerillakrieg gegen den Diktator Fulgencio Batista begann, gelobte der Revolutionsführer am Donnerstag, daß das Land am Sozialismus festhalten werde.

„Es gibt keine Macht im Norden oder in Europa, die uns auf die Knie zwingen kann“, verkündete er auf dem Revolutionsplatz in Havanna vor mehreren hunderttausend Menschen. „Auch wenn das sozialistische Lager sich auflöst, werden wir mit dem Aufbau des Sozialismus in unserem Land fortfahren.“

Der durch den Zerfall des sozialistischen Lagers und schwere wirtschaftliche Probleme angeschlagene Karibikstaat ist wieder einmal ins Interesse der Weltöffentlichkeit gerückt, seit ein paar Dutzend Dissidenten in mehrere Botschaften eingedrungen sind, um ihre Ausreise zu erzwingen. Der Botschaftskrise widmete Castro denn auch die Hälfte seiner gut dreistündigen Ansprache. Er erklärte die Besetzungsaktionen als eine Verschwörung der Vertretungen der Vereinigten Staaten, Spaniens und der CSFR, die Oppositionelle zu derartigen Aktionen praktisch eingeladen hätten. Besonders mit den Spaniern ging er hart ins Gericht und warf ihnen vor, „in Übereinstimmung mit dem Handelsembargo der USA“ zu agieren. Felipe Gonzalez hatte vor wenigen Tagen die Suspendierung von Wirtschaftshilfen und Projektkrediten in Höhe von 2,5 Mio US-Dollar angekündigt.

„Wir hegen keine Feindseligkeiten gegen Spanien“, betonte Castro, doch „was soll die Wirtschaftshilfe, wenn sie für politische Zwecke eingesetzt wird?“ fragte sich der verärgerte Festredner. Gleichzeitig versprach er eine Lockerung der bisherigen Reisepraxis. Jeder der wolle und die Einreisegenehmigung eines anderen Landes vorweisen könne, solle auch ein Ausreisevisum bekommen. Man werde aber nicht dulden, daß „Botschaften in Reisebüros verwandelt werden“. Die noch in ausländischen Vertretungen verschanzten Kubaner würden daher keine Papiere bekommen.

Insgesamt 45 Personen suchten seit dem 9. Juli in Botschaften oder Residenzen von Diplomaten Zuflucht. Mehr als die Hälfte hat inzwischen nach der Zusicherung von Straffreiheit wieder aufgegeben. Die Anschuldigung, daß die Besetzungen der Botschaften von ausländischen Diplomaten inszeniert worden seien, wurde von mehreren Dissidenten aufrechterhalten.

Die Erweiterung der individuellen Freiheiten für Kubaner ist Teil eines Reformplanes, der Anfang 1991 auf dem IV. Parteikongreß diskutiert und beschlossen werden soll. In seiner Ansprache deutete Castro ziemlich vage an, daß „jede Maßnahme, die den Sozialismus verbessern kann“, ernsthaft erörtert werden soll. Angesichts zunehmender wirtschaftlicher Engpässe muß die kubanische Führung dem Volk größere Freiheiten einräumen, um es bei der Stange zu halten. Castro hob ausdrücklich die Sowjetunion als treuen Partner hervor, betonte jedoch, daß deren „eigene Probleme größer sind, als ihre Bereitschaft, die vereinbarten Mengen zu liefern“.

Speziell um die Erdölversorgung sei es bereits „sehr, sehr schlecht bestellt“, und auch Düngemittel, Bauholz und Metall seien nur in unzureichendem Ausmaß verfügbar.

Seit einigen Wochen schon werden die Kubaner auf eine lang anhaltende Krisenperiode und weitgehende Rationierungen von Nahrungsmitteln und Energie vorbereitet. Auch auf eine Reihe von Verteidigungsübungen müssen sich die Kubaner einstellen.

rld