Stumpfe BND-Klingen gegen die PDS

■ Längst bekanntes, unseriöses BND-Papier über die Vermögen der DDR-Parteien in Bonn gestreut / Mutmaßliche Quelle: Devisenraffzahn Schalck-Golodkowski / SPD-West warnt vor Mißbrauch „unrechtmäßig“ erworbenen Parteivermögens

Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Die Schmalspur-Postille 'Wiener‘ brachte schon Anfang Juli Die Enthüllung, die Deutsche Presseagentur verkaufte es gestern als „Analyse aus Sicherheitskreisen“: ein zusammengestoppeltes Pamphlet des Bundesnachrichtendienstes (BND) über die Vermögen der ehemaligen Blockparteien, PDS „und der noch bedeutenden früheren Massenorganisationen FDGB und FDJ“. Das Papier liegt der taz vor. Es bildete gestern offenbar den Anlaß für die Bonner SPD, ihren Druck in der Frage der Parteivermögen zu verstärken.

Am 29. Mai hatte BND-Präsident Hans Georg Wieck laut 'Wiener‘ einem „hochrangigen Mitglied der Regierung Kohl“ „die Erkenntnisse meines Hauses zum Parteivermögen der PDS“ übermittelt. Dem Text zufolge ist das Gesamtvermögen der PDS auf 80-90 Milliarden Mark zu veranschlagen. Aus einer „kompetenten Quelle“ will der BND das erfahren haben. Wer anders als der frühere SED-Devisenraffzahn Alexander Schalck -Golodkowski, den der BND vor der DDR-Justiz schützt, sollte das sein? Angesichts der astronomischen Summe gibt der BND Innenminister Diestel recht „daß die ca. 3 Mrd, die von der Partei an den Staat abgeführt wurden 'ein völlig lächerlicher Betrag (sind)‘. Der Verwendungszweck dieser Summe ist nicht bekannt“. Diese Bemerkung deutet darauf hin, daß die Recherche-Kapazität des westdeutschen Geheimdienstes gegen Null strebt: im Februar überwies die PDS 3,041 Milliarden an das DDR-Finanzministerium. Vier Wochen später, am 15. März '90, listete der DDR-Ministerrat auf mehreren Seiten Institutionen und Fonds auf, an die das Geld weitergeleitet werden sollte.

Tatsächlich eine neue „Erkenntnis“ zum Parteivermögen beinhaltet der „Hinweis aus gut unterrichteter Quelle“, wonach der frühere Stasi-Generaloberst Bauer der PDS 1990 Parteispenden in Höhe von insgesamt 180.000 Mark gestiftet haben soll. Sehr detailliert hingegen widmet sich der BND dem immer noch unklaren Auslandsvermögen: „Vorliegende Hinweise geben Aufschluß über eine Beteiligung der PDS/SED an 47 Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen westlichen Ländern, (...). Bei 26 Unternehmen sind die Beteiligungsverhältnisse am Grundkapital und bei 14 Unternehmen Umsätze aus den letzten fünf Geschäftsjahren bekannt geworden. Von 17 Unternehmen ist außerdem die Höhe des Eigenkapitals (Stand 31.12.1987) bekannt. Die Summe dieses Eigenkapitals belief sich Ende Dezember 1987 auf rund 85 Mio. DM“. Ende Dezember 1987 - ein Datum, das nach mitteleuropäischer Zeitrechnung 30 Monate zurückliegt. So dunkel wie das Kapitel PDS-Auslandsvermögen ist - die Partei hat ihre Recherchen nach Angaben des Schatzmeisters Pohl auf ein Schreiben an Schalck-Golodkowski beschränkt - derlei BND -Informationen wirken nicht sehr erhellend. Die PDS konterte bereits Anfang Juli, die SPD-Forderungen nach mindestens einer halben Milliarde Mark Ausgleich für frühere Enteignungen könne aus dem dem BND bekannten Auslandsvermögen bezahlt werden.

Äußerst knapp die BND-Erkenntnisse zu den Vermögen der Blockparteien. Wie bereits mehrfach publiziert, zählt der Bund Freier Demokraten (BFD), der die Konkursmasse der Blockparteien NDPD und LDPD eingesackt hat, neben der DDR -CDU zu den reichsten Parteien. Der BFD übernahm unter anderem acht Betriebe und elf Zeitungsverlage. Nichts außer Verlautbarungen der CDU zitiert der BND zum Parteivermögen der Konservativen, das sich zwischen 200 und 300 Millionen Mark bewegen soll. Als Anlagevermögen erwähnt der Geheimdienst die offene Tatsache von unter anderem 36 Handelseinrichtungen, 16 Produktionsbetrieben, neun Verlagen.

Daß diese Reichtümer den demnächst vereinigten Parteien CDU und FDP zufällt, rief gestern erneut die SPD vor die Mikrofone. So warnte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin Liberale und Konservative davor, sich mit Geldern zu bereichern, die den DDR-Bürgern zustünden. „Unrechtmäßig“ erworbenes Parteivermögen, das nicht aus Mitgliedsbeiträgen stammt, müßten die Parteien gemeinnützigen Zwecken zuführen.

Darüber entscheidet bekanntlich die im Juni eingesetzte Regierungskommission, die die Parteivermögen treuhänderisch verwaltet. Sie habe, so teilte gestern die DSU mit, jetzt herausgefunden, daß die DDR-Altparteien gemäß DDR-Recht nicht über ihre Parteizentralen in Ost-Berlin verfügen könnten. Die Gebäude der vier Blockparteien, das frühere SED -ZK-Walhalla und heutige Haus der Parlamentarier sowie die FDJ-Zentrale seien in den Grundbüchern als Volkseigentum ausgewiesen, das laut DDR-Recht jedoch nicht in privates Eigentum überführt oder umgeschrieben werden dürfe.