Lateinamerikas Linksparteien auf der Suche nach neuen Wegen

Montevideo (taz) - Die brasilianische Arbeiterpartei (PT) hatte geladen: Aus zwölf lateinamerikanischen Ländern waren die Gäste zum ersten „Treffen von linken Parteien und Organisationen Lateinamerikas und der Karibik“ angereist. Seit Montag wird in Sao Paulo hinter verschlossenen Türen über neue linke Strategien für den Kontinent diskutiert. In einer Zeit, in der der Kapitalismus in eine tiefe Krise geraten sei, so die Organisatoren, seien gemeinsame Aktionen und eine sichtbare Fahne notwendiger als je zuvor.

Neben Diskussionen über die veränderte Weltlage und ihre Auswirkungen auf den Kontinent soll Bilanz gezogen werden, welche Ergebnisse die Kämpfe für Demokratie und Sozialismus in Lateinamerika hatten. Insbesondere geht es dabei um Kuba, Nicaragua und El Salvador. Die Teilnehmer aus Uruguay, Peru und Brasilien werden über ihre Erfahrungen beim Aufbau von Volksfronten und bei Wahlen berichten.

Daß nach Sao Paolo nur linke Parteien eingeladen wurden und nicht Vertreter von Gewerkschaften oder sozialen Bewegungen, liegt wohl am enttäuschenden Ergebnis des letzten Treffens auf kontinentaler Ebene. Fidel Castro hatte 1985 bei seinem Schuldenkongreß in Havanna auf die organisierte lateinamerikanische Arbeiterbewegung als entscheidenden Hebel gegen die Zinszahlungen gesetzt. Diese Rechnung ging nicht auf; drastisches Beispiel für das Scheitern ist der argentinische Gewerkschaftsführer Julio Guillan, der nach dem Treffen in Kuba Koordinator gegen die Schuldzahlung wurde und wenige Jahre später als Generalsekretär der Telefongewerkschaft für die Privatisierung der argentinischen Telefongesellschaft ENTel eintrat.

Gaby Weber