„OibE“ sollen alle enttarnt werden

■ Das Erfurter Bürgerkomitee protestiert in einem offenen Brief gegen die schleppende Auflösung der Staatssicherheit

Berlin (taz) - Besorgt über das „schleppende Tempo“ und die „Inkonsequenz bei der Zerschlagung der Strukturen bei der Staatssicherheit“ hat sich das Bürgerkomitee der Stadt Erfurft in einem offenen Brief an das Präsidium der Volkskammer gewendet.

„Irritiert“ zeigen sich die Mitglieder des Bürgerkomitees dabei insbesondere über den Innenminister Peter-Michael Diestel (DSU). Ihm wird von den ehrenamtlichen Stasi -Auflösern angelastet, daß er beispielsweise auf eine Liste des Bürgerkomitees mit den Namen von Volkskammerabgeordneten, die über eine Stasi-Vergangenheit verfügen sollen, bis heute nicht reagiert hat. Die Namensliste war bereits am 9. Mai dem Minister vor laufender Kamera im DDR-Fernsehen übergeben worden.

Darüber hinaus sei unverständlich, „daß die soziale Sicherung ehemaliger Stasi-Offiziere mit sehr hohen Renten und Arbeitslosenunterstützungen bereits geregelt wurde, während ein Rehabilitationsgesetz für die Opfer noch nicht verabschiedet ist“.

Eine besondere Gefahr für die Gesellschaft stellten darüber hinaus die „Offiziere im besonderen Einsatz“ (OibE) und die Hauptamtlichen Inoffiziellen Mitarbeiter (HIM) der Stasi dar, warnte das Bürgerkomitee. Bei den OibE handelt es sich um die Geheimsten der Geheimen des MfS, die unter allen Umständen das Machtmonopol des Stasi-Apparates sichern sollten. Das Komitee berichtet in dem Schreiben an die Volkskammer, „uns sind die Namen solcher Offiziere bekannt, die nach wie vor in entscheidenden Positionen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens tätig sind“.

Und im Unterschied zu den anderen Angehörigen des MfS sei nicht einmal gesichert, daß die OibE entwaffnet wurden. Da eine radikale Öffentlichkeit das einzig wirksame Mittel gegen Geheimdienstsstrukturen darstelle, habe das Komitee beschlossen, die Namen der OibE und HIM zu veröffentlichen. Der Beschluß sei allerdings vorläufig ausgesetzt worden, da bisher nur die Namen aus der Erfurter Bezirksverwaltung bekannt sind und das Komitee somit nur lokal wirksam werden könnte.

Diese Namenslisten wurden als Anlage der Volkskammer ebenso übergeben wie Kopien der Namen der Volkskammerabgeordneten, die dem Innenminister Diestel bekannt sind.

wg