Frauenarbeit

Was ist eigentlich Marktwirtschaft? (8.Teil)  ■  1 x 1 der Marktwirtschaft

In der entwickelten Marktwirtschaft stehen sich zwei große Lager gegenüber: die Unternehmen und die Haushalte. In den Unternehmen werden die Waren produziert, in den Haushalten werden sie konsumiert. Unternehmen gelten als produktive, Haushalte als konsumtive Einheiten.

Auch das ist nicht immer so gewesen. „Ökonomie“ kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie „Haushaltung“. In allen Gesellschaften, die in erster Linie für den Gebrauch und nicht für den Gewinn produzierten, war der Haushalt die produktive Einheit. Auch die Überschüsse, die auf den Märkten als Waren gehandelt wurden, entstammten der sozialen Organisation des Haushalts, das heißt der produktiven, sich ergänzenden Tätigkeit aller Familien- beziehungsweise Haushaltsmitglieder. Erst mit der Entwicklung der Marktwirtschaft wurde die Warenproduktion aus den Haushalten ausgegliedert, und der Produktionsprozeß selbst wurde marktwirtschaftlich organisiert in Form von Kauf und Verkauf.

In der traditionellen Haushaltsökonomie gibt es keine strikte Trennung zwischen der Arbeit für die eigenen Lebensbedürfnisse und der Arbeit für die Produktion von Waren. Die Arbeit der Frauen ist hier ein zentraler Bestandteil der Familienökonomie. Wie gleichberechtigt oder unterdrückt die Frauen in diesen Gesellschaften auch sind, ihre Arbeit ist als unverzichtbarer Beitrag für das Überleben der Familie anerkannt - die Arbeit in der Landwirtschaft ebenso wie die Zubereitung von Mahlzeiten und das Gebären und Erziehen der Kinder.

Erst durch die Ausgliederung der Warenproduktion aus den Haushalten wurden Arbeits- und Lebensprozesse künstlich voneinander getrennt. In der Marktwirtschaft gilt nur noch die Herstellung von Waren als produktive Arbeit, während der gesamte Rest als bloßes „Leben“ in den Bereich des Unproduktiven verbannt wurde. Nur so konnte es dazu kommen, daß der Haushalt als unproduktive Einheit gilt, obwohl in ihm ein großer Teil der gesellschaftlichen Arbeit geleistet wird (vom Gebären und Erziehen der Kinder über die Ernährung der Familie, Pflege von Behausung und Kleidung bis hin zur Heilung psychischer und physischer Verletzungen).

Die in den Haushalten geleistete Arbeit wird durch die Marktwirtschaft entwertet, und mit ihr die Produktivität der Frauen. Ihre häusliche Arbeit wurde „unsichtbar“, sie wurde zum „blinden Fleck“ aller ökonomischen Theorien.

„Das Problem der Entwertung der Frau“, meint die Bielefelder Feministin Veronika Bennholdt-Thomsen, „ist ein Problem der Entökonomisierung der Überlebensproduktion.“ „Das ökonomische Handeln der Frau wird zusammen mit den höheren Werten, die ihm nachgesagt werden, von der übrigen Ökonomie abgespalten. Was sie nun tut, ist nicht mehr Arbeit, sondern 'Tätigkeit‘ im Dienste der 'Liebe‘. Und da 'Liebe‘ eine unökonomische Tätigkeit ist, ist die Arbeit der Frau auch nichts wert oder minderwertig.“

Gabriela Simon