Abfuhr für Automobilbau

■ Warnstreik für klare Entscheidung der Regierung / taz sprach mit Gerhard Schönland, Mitglied der Gewerkschaftsleitung beim Sachsenring Zwickau

taz: Warum sind die Automobilbauer in Meerane, Werdau und Zwickau gestern für eine Stunde in einen Warnstreik getreten

Schönland: Die Gewerkschaftsleitung hat den Streik auf Beschluß der Belegschaftsversammlung organisiert. Wir fordern von der Regierung, daß sie sich endlich klar entscheidet. Soll der Automobilbau in der DDR eingestellt und nur noch importiert werden, oder wird er bis zur Marktfähigkeit gestützt. Wir benötigten diese Unterstüt zung bis mindestens 1994, weil erst dann vertragsgemäß 200.000 bis 300.000 VW-Polo vom Band rollen werden.

Wird bei Ihnen noch produziert ?

Der Trabant 601 ist vertraglich ins Ausland gebunden. Wir produzieren also pro Tag 400 Autos nur noch für den Export. Arbeiter wurden bisher nicht entlassen. Sollte es im Monat Juni zum Produktionstillstand kommen, werden allein im Zwickauer Betrieb 7.000 von insgesamt 11.000 Werktätigen arbeitslos. Im gesamten Automobilbau mit der entsprechenden Zulieferindustrie würde das 150.000 Arbeiter betreffen.

Sichern die Verträge mit VW die Übernahme aller Arbeitskräfte ?

Die Absprachen sind eigentlich so: Ab 1994 soll das Produktionspersonal auf insgesamt 6.000 bis 7.000 ansteigen.

Wie würde Sachsenring Zwickau auf ein Stop der Regierung für den Automobilbau reagieren ?

Wir könnten für den Übergang Angebote westdeutscher Firmen für Ausweichproduktion, zum Beispiel Ersatzteile für VW, für den Getriebe- und Motorenbau, annehmen. Dann müßte aber die Herstellung des Trabant 601 total abgerüstet werden, damit wir die Hallen frei bekommen für neue Werkzeuge und Maschinen. Bisher binden andere Produkte, zum Beispiel der Viertaktmotor die Kapazität des Werkes. Doch zunächst brauchen wir die klare Entscheidung der Regierung, denn wir können das Risiko nicht eingehen, von uns aus die Produktion einzustellen.

Wäre der Betrieb auf die Umstellung vorbereitet ?

Ein Jahr brauchten wir schon dafür, weil beispielsweise der gesamte Rationalisierungsmittelbau die Werkzeuge dafür herstellen müßte. Wir brauchen außerdem Fläche für die neuen Maschinen. Aber es wäre dann auch nur Arbeit für ungefähr 900 Arbeiter da.

Interview: Irina Grabowski