Das Geheimnis des verbrannten Kuchens

■ Arabische Juden im Gefängnis des Konfessionalismus

Selim Nassib

Welches war das Heimatland von Sassoun, der Anfang der zwanziger Jahre dem König Abdallah von Irak als Finanzminister diente? Woher eigentlich kamen die Juden Aleppos, Saidas und Alexandriens? Ein Gelehrter behauptet, in grauer Vorzeit hätten manche von ihnen Karawanen in die Gegend von Hadramout geführt und ihre Kamele wegen des Sabbats am siebten Tage ruhen lassen. Sie hätten den Burnus in den Orient gebracht, Geschäfte in Basra und Bahrein gemacht, Musik in Bagdad komponiert und in Damaskus Kupfer graviert. Um 1940 soll es von diesen Juden alten Geschlechts 150.000 (heute weniger als 2.000) im Irak, 70.000 (heute weniger als 200) im Jemen, 60.000 in Ägypten (knapp 100 sind dort geblieben) und 50.000 in Syrien (übergeblieben sind 3.000) gegeben haben.

Sie lebten wie die Araber, aber mit jüdischer Eigenart. Das heißt: Sie lebten wie Juden, aber mit arabischer Einzigartigkeit. Es könnte übrigens auch umgekehrt gewesen sein.

Ihre Geschichte ist unvergleichlich, aber sie haben sie niemals erzählt - sie haben nicht einmal an sie gedacht. Die Gründung des Staates Israel 1948 hat ihre Existenz grundsätzlich verwirrt, und sie haben das nicht einmal erwähnt.

Im Zentrum von Beirut hört eine jüdische Familie Radio. Es ist der 29. Oktober 1956, der Tag, an dem Israel seine Armee an der Seite der französischen und britischen Truppen in den Krieg wirft, um Nasser zu stürzen, der eben den Suezkanal verstaatlicht hat. Der Vater hat seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen und ist nach Hause geeilt. Eines der Kinder begreift die Gründe für diese Aufregung nicht; es ist zehn Jahre alt. Der Junge begreift bloß, daß die Juden den Kopf nicht mehr gesenkt tragen, worüber man sich freuen muß. Er freut sich darüber.

Am folgenden Tag läßt der Bäcker den Kuchen verbrennen, den die Mutter ihm zum Backen gebracht hat. Die Mutter protestiert. Die Bäckerei ist voller Kunden. Die Mutter muß sich beschimpfen lassen. Den schwarzen Kuchen in Händen, kommt sie gedemütigt nach Hause: „Der Bäcker ist Moslem, die Israelis sind am Suezkanal, er hat sich gerächt.“ Aber etwas hält sie in ihrer Erregung zurück: Sie ist Jüdin. Der Junge fragt sich, auf welch geheimnisvollem Weg der unschuldige Kuchen eine Rolle in dieser Geschichte ohne Anfang und Ende erlangt hat.

Gut, man hat versucht, ihm die existentielle Tatsache zu erklären, die da heißt: „Wir sind Juden!“ Ein offensichtlich nicht lebbarer Zustand: „Wir haben der Welt die Bibel gegeben, und die ganze Welt ist gegen uns.“ Wenn man Kind ist, versteht man nicht sehr gut, warum die ganze Welt gegen einen ist. Aber schließlich akzeptiert man es.

Mit der Zeit scheinen andere Facetten dieses Zustandes auf: „Unser wirkliches Heimatland ist nicht das, in dem wir leben. Es ist ein anderes - nicht sehr weit entfernt, aber du kennst es nicht. Es heißt Eretz. Diesen Namen gebrauchen wir unter uns, damit Fremde nicht wissen, daß wir von Israel sprechen.“ Dieses heimatliche Land, die wahre Heimat der Juden, ist aus einem ebensowenig erklärbaren Grund Zielscheibe „arabischer“ Feindseligkeiten. „Arabischer“ nicht etwa „palästinensischer“! Das Wort „palästinensisch“ kommt praktisch nie vor, und wenn doch, dann klebt ein weiteres Wort an ihm: „palästinensische Flüchtlinge“ offenbar ein Stamm, der auf der niedrigsten Stufe der sozialen Leiter steht.

Einmal kommt ein Schuster ins Haus der Familie, um Schuhe zu besohlen. Man setzt ihn mit seinem Handwerkskasten in die Diele. Der Junge beobachtet das Schauspiel mit großer Neugier. Insbesondere fragt er sich, wie es der Schuster anstellt, eine Handvoll spitzer Nägel zu verschlingen, um sie dann, Nagel für Nagel, wieder auszuspucken. Aber die Mutter kommt dazwischen, zieht den Knirps hastig fort und erklärt ihm leise, warum er da nicht bleiben dürfe: „Das ist ein Palästinenser!“ Dabei macht sie eine angstvolle Kopfbewegung hin zu dem Mann, der sich über seine Arbeit beugt. Nach diesem ersten Aufeinandertreffen ist nicht mehr auszuschließen, daß der Junge folgenden Schluß zieht: Palästinenser sind auf den ersten Blick friedlich wirkende Flickschuster, die aber in Wahrheit Nägel essen und mehr oder weniger Kinderräuber sind.

Als Bilder vereinfachen sich die Dinge niemals - schon gar nicht, wenn die Eltern widersprüchliche liefern. So sprechen sie von sich selbst laufend als von „Kindern Arabiens“ ibn arab -, etwas, das einige Bedeutung hat. Und sie sagen den Kindern, wenn sie erwachsen sein würden, müßten sie eine bint arab heiraten, jüdisch, versteht sich, aber eine Tochter Arabiens. Eines Tages lernt das Kind zu seinem Erstaunen, daß die Juden keine wirklichen Probleme mit den Moslems haben. „Wir haben mit ihnen immer - zu allen Zeiten - in Frieden gelebt“, sagt man ihm. Und es folgen Beispiele, die eine ungetrübte Koexistenz bezeugen, in einer Zeit vor der Zeit, auf dem Boden eines anderen Landes aus der Traumwelt: Syrien, das Land, aus dem die Mehrheit der libanesischen Juden stammt. Wenn es zwischen Juden und Moslems denn einen Konflikt gibt, dann ist der neu, künstlich, mit einem Wort „politisch“.

Dagegen ist die Scheidung von „den Christen“ viel grundsätzlicher: „Das sind abgefeimte Antisemiten. In ihren Augen haben wir Christus gekreuzigt.“ Soviel scheint klar. Doch dann entdeckt der Junge, daß diese selben „Christen“, die den Libanon beherrschen, sich als Beschützer der jüdischen Gemeinde gebärden. Im Gegenzug wählen die libanesischen Juden einen Christen von der falangistischen Kataeb-Partei namens Chader zum Abgeordneten. Überall in den Straßen und Gassen des Viertels hängt sein Porträt. Das soll einer verstehen!

„Aber wenn wir doch Söhne Arabiens sind, wenn wir uns so gut mit den Moslems und so schlecht mit den Christen verstehen...?“ fragt das Kind. Und die Eltern antworten, daß etwas geschehen ist: die Gründung des Staates Israel! Danach hat man sich nicht mehr verstanden, die Grenzen wurden brutal geschlossen und Tausende Familien schmerzlich getrennt. Allmählich erkennt der Junge, daß er zu einer Gemeinschaft gehört, die wie in der Mitte einer Furt lebt, in instabilem Gleichgewicht zwischen seinem Geburtsland und einem Anderswo, das ebensogut Israel wie Frankreich oder Argentinien sein könnte. Die verschiedenen Teilchen des Puzzles - Israel, die Araber, die Moslems, die Christen... liegen einzeln vor ihm, ohne die umfassende, alles erklärende Architektur. Man wächst mit diesen nicht zusammenpassenden Elementen auf, mit einem Bild aus inkompatiblen Bruchstücken.

Das Kind entdeckt weiter, daß man besser nicht sagt, man sei Jude, wenn man nicht will, daß sich die Gesichter der anderen verschließen. Ebenso empfehlenswert ist es, sich jeglicher politischer Meinungsäußerung zu enthalten. Besser, man behält alles für sich.

Übrigens hat der Junge wenig Gelegenheit, Fremden zu begegnen. Er geht in die jüdische Schule und dann gleich nach Hause. Die Familie - die Großfamilie - ist sein Universum. Seine Kontakte mit Nichtjuden beschränken sich auf die beiden Krämer der Straße - einer Christ, einer Moslem -, auf den Sohn des arabischen Lehrers, einige Nachbarn, flüchtige Treffen am Strand oder in den Bergen, Schattenrisse. Er wächst in einer Art von jüdisch bevölkertem Korridor auf.

Von einem Alptraum ist das weit entfernt. In den fünfziger Jahren ist der Libanon das heiterste aller Länder, und Kindern ist Politik gleichgültig. Sogar die Kriege und Revolutionen dieser Weltregion machen an den Grenzen halt. Der Libanon ist ein Freiraum, aber ein reizender.

Dann kommt der Tag, an dem sich das Bewußtsein kristallisiert. Das Kind ist gewachsen. Mitte der sechziger Jahre besucht der junge Mann die Universität, wo, vermittelt über die französische Linke, das Echo des Vietnamkrieges widerhallt. Mit Begeisterung engagiert sich der junge Mann. Zum gleichen Zeitpunkt überrumpelt ihn die Realität des palästinensischen Problems. Das ist ein Schock. Er wagt nicht zu verstehen. Im Namen der Juden haben Menschen ein Volk aus seiner Heimat vertrieben, um seinen Platz einzunehmen. Er begreift plötzlich, daß er seit seiner Geburt und in aller Augen für eine Tragödie mitverantwortlich ist, obwohl er weiß, daß er persönlich keine Verantwortung trägt. In seiner ersten Reaktion will er die Dinge auf den Punkt bringen. „Falls du sprichst“, lassen ihn die Eltern wissen, „brichst du das Gesetz unserer Gemeinschaft, verläßt du den einzig existierenden Rahmen. Genauer gesagt, du wirst ohne Schutz sein.“ Das ist blöd. Aber junge Leute haben heißes Blut. Um 1965 beschließen einige von ihnen, der Gemeinschaft, der sie entstammen, und dem Staat Israel öffentlich die Solidarität aufzukündigen. Sie werden von der Gegenseite, von Palästinensern und Libanesen, herzlich aufgenommen. Mehr noch: Sie schaffen es, die Studenten der in dieser Gegend sogenannten französischen Universitäten hinter sich zu bringen, die empfindsam für die Ideen der Linken sind, aber dem arabischen Nationalismus, der an der Arabischen und der Amerikanischen Universität Beiruts dominiert, äußerst kritisch gegenüberstehen.

Sie glauben, das Problem sei erledigt. Sie irren. Diese Juden repräsentieren nichts in ihrer Gemeinschaft. Indem sie sich, nur ihrer eigenen Überzeugung folgend, mit anderen Libanesen zusammenschließen, versuchen sie, sich dem Prinzip der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder Konfession zu verweigern. In gewissem Sinne wollen sie keine Juden mehr sein. Oder besser: trotzdem Juden sein, aber sich nicht mehr als Juden an und für sich bestimmen. Ohne es wirklich zu wissen, nehmen sie an einem der letzten Versuche teil, einen nonkonfessionellen Libanon zu schaffen.

Sie sind nur wenige und eignen sich gut dafür, zu jenen „guten Juden“ der Palästinenser zu werden, die man auf den politischen Marktplätzen zur Schau stellt. Keine bequeme Position. Der Jude, der das Auftreten oder die Politik der Palästinenser kritisiert, erweckt zwangsläufig Verdacht. Er riskiert in jedem Augenblick, für einen „schlechten, guten Juden“ gehalten zu werden, falls er sich nicht strikter palästinensischer Orthodoxie befleißigt und den inneren Gesetzen der neuen Gemeinschaft noch rigoroser folgt als ihre anderen Mitglieder. Aber schließlich war er aus dem geschlossenen System der Konfessionszugehörigkeit genau deshalb ausgeschert, um ein Leben als frei denkender Mensch zu versuchen.

Es gibt kein Land des Nahen Ostens, das ein solches Unterfangen nachgerade begünstigt; also sind die meisten dieser Juden in den Westen gegangen. Sie trafen dort auf andere Juden, die den Orient bereits vorher verlassen hatten - häufig ohne besonderen Grund. Geschäftsleute, Ingenieure, Journalisten oder auch einfache Angestellte hatten nach dem Krieg von 1967 ihre Koffer gepackt, weil die Zukunft ihnen zu ungewiß erschien. In Beirut hieß es, nur die Ärmsten seien nach Israel gezogen, doch alle hatten sie einen Strich unter ihre Vergangenheit gezogen.

Nicht so diejenigen, die sich als Teil der Gesellschaft ihres jeweiligen Geburtslandes begreifen wollten. Jahrelang pendeln sie zwischen diesen Welten und wissen nicht mehr genau, ob sich die Formulierung „nach Hause fahren“ auf Paris oder Beirut bezieht. Einige von ihnen entschließen sich, in der libanesischen Hauptstadt zu sein, als die israelische Armee 1982 die Stadt einkesselt, um die palästinensische Führung zu vernichten.

In jenem Sommer wirkt die Niederlage der PLO wie ein Signal. Die palästinensische Dachorganisation hatte Ende der sechziger Jahre ihre Blütezeit erlebt, in einer Zeit, in der arabischer Nationalismus und Marxismus es allen Konfessionen gestatteten, Teil einer gemeinsamen Bewegung zu sein. Die Palästinenser hatten kaum eine andere Wahl: Da sich in ihren eigenen Reihen Christen wie auch Moslems fanden, mußte ihre Politik zwangsläufig nationalistisch und vergleichsweise nichtkonfessionell sein.

Nach dem Abzug der PLO aus Beirut ist die Stadt jenen Kräften ausgeliefert, die sich im Schatten der palästinensischen Dominanz herausgebildet haben und die besser als einst die PLO - den Geist der neuen Epoche ausdrücken: die im wesentlichen schiitisch geprägten konfessionellen Bewegungen. Das Bewußtsein, einer Konfession anzugehören, ist natürlich nichts Neues, sondern vielmehr der Stoff, aus dem die Gesellschaft seit allen Zeiten gemacht ist. Die lärmende Geschichte hatte die Glaubensgemeinschaften bloß kurzfristig miteinander vermischt. Nun sind plötzlich die Spannungen derart gewachsen, daß die Ideologien, die eine strikte Trennung propagieren, die Oberhand gewinnen.

Nach dem jüdischen Staat, der in dieser Sache Vorreiter war, gebiert der Iran die Islamische Republik, und die libanesischen Falangisten lassen sich von der verrückten Vorstellung eines „christlichen Landes“ verführen. Darauf antworten die schiitischen Moslems: „Warum nicht auch wir?“

Die Lage zwischen drei Kontinenten prädestiniert diese Region eigentlich zur ethnischen und religiösen Verschmelzung. Und nun macht man sich daran, wenn es nicht schon geschehen ist, sich in konfessionellen Gettos zu organisieren.

Deshalb ist im Nahen Osten kein Platz mehr für Leute, die sich weigern, dem Terrorismus der Zugehörigkeit unterworfen zu sein. Ob sie nun Christen, Juden, Moslems oder Ungläubige sind: die Parteigänger der Vermischung sind abgereist oder verstummt. Ihr Verschwinden aus der Gegend, das praktische Scheitern ihres Traums, hat der Logik konfessioneller Homogenität das Feld überlassen. Die allerletzten Juden, die noch in West-Beirut ausharren, suchen 1985/86 hastig das Weite. Zurückbleiben, in der Gewalt schiitischer Milizen, einige Geiseln und einige Leichen. Von den elf Juden, die im Verlauf dieser Zeit von der „Organisation der Unterdrückten der Erde“ (eine vom Iran abhängige Splittergruppe) entführt wurden, sind wahrscheinlich zehn exekutiert worden; nur einer, der sechzigjährige Selim Mourad Jammous, scheint noch am Leben zu sein.

Paris ist also das endgültige Exil. Rom, London und Brooklyn übrigens auch - genauso, wie es die Mutter gesagt, wie sie es vorausgesehen und vorbereitet hatte. Angemessene Ausbildung, Fremdsprachen, Studium, „denn was du im Kopf hast, kann dir keiner nehmen“. Also Paris, oder London. Säkularismus, Demokratie. Ein System, das keine Unterschiede macht. Ein Mann, eine Stimme, eine Sozialversicherungsnummer. Hier das Individuum, da der Staat - keine Gemeinschaft, die die Vermittlerrolle spielt: der Traum.

Wirklich der Traum? Woher dann dieses Unbefriedigtsein? Hat man unterwegs etwas verloren? Und wenn ja, was? Hat man sich etwa in der „kommunitären“ Gesellschaft weniger einsam gefühlt? Ist es das? Ist es vielleicht so, daß die Art, wie man dort unten gedacht hat, eine Wahrheit beinhaltet, die im Westen völlig ignoriert wird?

Es ist nicht bloß Heimweh. Es ist wie ein Gefühl von Unrecht. Von Europa aus gesehen erscheint jene Welt auf der anderen Seite des Mittelmeeres rückschrittlich und diktatorisch - eine Welt, die insgesamt abzulehnen ist. Aber der Mann, der sich als Araber fühlt - und als Jude dazu -, weiß auf intuitive Weise, was geschehen ist. Er weiß, daß der westliche Traum die Massen veranlaßt hat, Nasser zuzujubeln: der Traum von der Industrialisierung, von der Entwicklung, von der Integration in die bestehende Welt. Die Nationalisierung des Suezkanals hatte der Paukenschlag sein sollen, die Eingangstür. All die ideologischen Strukturen, deren man sich bediente - arabischer Nationalismus, Marxismus, Internationalismus -, wurden wie Schlüssel ausprobiert, um endlich am Fest teilnehmen zu können, um seinen Platz auf diesem Planeten zu sichern. Ein Traum, den das jüdische Kind auf seine Weise träumte. Und auch da: dieselbe Pleite. Der junge Jude ging in den Westen, aber die arabische Welt kann sich nicht selbst verlassen. Sie ist gezwungen, ihren Einsatz am Tor der Geschichte zu leben und sich an diese Randlage anzupassen.

All die Kraft enttäuschter Liebe, der grenzenlose Mißmut steigerte sich zu einer kriminellen Wut. Wozu erklären, warum Völker, die zu den modernen Zeiten nicht zugelassen sind, sich schmerz- und haßerfüllt auf sich selbst zurückgezogen haben? Sie sind außer sich und wollen nur noch unter sich sein. Geiselnahmen und wahlloser Terrorismus haben es fertiggebracht, die Gehirne zu blockieren. Für die Europäer leben die Völker des Nahen Ostens in einer anderen Welt, bilden eine unbestimmte, kollektive Einheit, die den Integrismus personifiziert, eine moderne Form des Teufels.

Und plötzlich erkennt der Exilierte das vertraute alte Biest, die Logik der Clans, Konfessionen und Gemeinschaften. Er entdeckt, was es sich in allen Sprachen sagt: Der Ausschluß provoziert den Ausschluß, und dieser Virus überwindet Meere. Man findet ihn im Punjab, im sowjetischen Kaukasus, aber auch in Paris oder London. Die Feindseligkeit dort unten, gegen alles, was weiß-christlich-jüdisch -westlich ist, hat hier den Spiegeleffekt einer Ablehnung alles Braunen-Arabischen-Moslemischen. Es geht gut.

Inzwischen ist es Nacht im Orient. Menschen, deren Ursprung in derselben Erde liegt, erkennen sich nicht wieder. Was ihre jahrtausendjährige Mischung ermöglicht hat, scheint endgültig verloren. Und die Frage „Welches war das Heimatland von Ezekiel Sassoun, der in den zwanziger Jahren dem König Abdallah von Irak als Finanzminister diente?“ ist nur noch ein historisches Problem.

(Abdruck aus: 'Transatlantik‘ 3/90)