Honecker kein Hochverräter

Berlin (ap) - Der gestürzte DDR-Staatschef Erich Honecker und seine ehemalige Führungsriege können nicht wegen Hochverrats angeklagt werden. Bei den Ermittlungen gegen die SED-Politiker habe sich weder der Verdacht des Hochverrats noch der des verfassungsfeindlichen Zusammenschlusses bestätigt, erklärte gestern die Generalstaatsanwaltschaft der DDR in Ost-Berlin. Einem Bericht der Nachrichtenagentur 'adn‘ zufolge wird gegen Honecker sowie die früheren Politbüromitglieder Günter Mittag und Erich Mielke jedoch wegen Untreue und Vertrauensmißbrauchs im schweren Fall ermittelt. Das Verfahren gegen das für Propaganda zuständige frühere Politbüromitglied Joachim Herrmann wurde der Staatsanwaltschaft zufolge ganz eingestellt. Er soll umgehend aus der Haft entlassen werden. Gegen Herrmann war ausschließlich wegen Hochverrats durch Verletzung der Medienfreiheit ermittelt worden.

„Obwohl die alte Führungsriege nicht wegen Hochverrats angeklagt werden könne, lägen dennoch permanente Verletzungen der Verfassung vor“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Diese Verstöße seien aber einer deformierten stalinistisch geprägten Haltung zur führenden Rolle der Partei und dem gesamten System zuzuschreiben. Sie könnten strafrechtlich nicht als Hochverrat verfolgt werden, hieß es. Darin seien sich die Juristen aus der DDR und der Bundesrepublik einig. Auch dort seien wiederholt Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der DDR-Hochverratsregelung geäußert worden. Die Generalstaatsanwaltschaft werde aber eine Dokumentation über die Verletzung der Verfassung erstellen und diese der Volkskammer übergeben.