Um einige Illusionen ärmer

■ Zum Bruch des grün-lila Wahlbündnisses in der DDR

Die grün-lila Beziehungskiste ist unwideruflich kaputt. Die DDR-Grünen haben sich klipp und klar entschieden, daß sie auf kein einziges ihrer acht Volkskammermandate - die sie schließlich zusammen mit den Unabhängigen Frauen gewonnen haben - verzichten wollen. Sie pochen auf den „Wählerwillen“ und ziehen sich arrogant auf formales Recht zurück, auch wenn dabei die eigenen politischen (An-)Sprüche und die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleiben. Besonders ihre „Frauenfreundlichkeit“ müssen sich die Grünen jetzt als pure Wahlpropaganda ankreiden lassen.

BesserwisserInnen sagen natürlich, daß dieser Konflikt vorherzusehen war. Denn die Grüne Partei hat die konsequente Quotierung innerhalb ihrer Reihen - entgegen anders lautender Parolen - nie beschlossen, sondern nur „angestrebt“. Die Grüne Partei hat in den Bündnisverhandlungen mit den Unabhängigen Frauen immer klar gemacht, daß sie nicht auf den Spitzenplatz beziehungsweise die Spitzenplätze verzichten würde. Und die Grüne Partei hat letztlich konsequenterweise das Wort „feministisch“ aus ihrem Programm gestrichen, um die WählerInnen nicht abzuschrecken.

Bei aller Ent-Täuschung und Wut können die Unabhängigen Frauen jetzt aber nicht nur das Opfer mimen. Sie haben sich, nachdem die anderen Oppostionsgruppen sie nicht im Bündnis 90 akzeptierten, auf den Deal mit den Grünen eingelassen und zwar zu deren Bedingungen. Sie haben nicht nur ihr Drittel, sondern auch die schlechteren Listenplätze ohne größere Diskussionen mehrheitlich akzeptiert. Aus wahltaktischem Kalkül und aus politischer Naivität. Klar war, daß die Frauen alleine bei den Wahlen keine Chance gehabt hätten. Es war schon schwierig genug, genügend Kandidatinnen aufzustellen. Letztendlich ist der Unabhängige Frauenverband also nicht nur der Profilierungssucht der Grünen Partei aufgesessen. Gestolpert ist er auch über die eigenen Illusionen. Illusionen über das tatsächliche nicht nur verbale Interesse an Frauenpolitik. Die Linken haben damit wenig am Hut und „das Volk“ gar nichts. Diese falschen Hoffnungen wurden nun durch das mickrige Wahlergebnis und seine Folgen hart auf den Boden der Realität zurückgebracht. Illusionen gab es aber auch über die Vereinbarung von Basisdemokratie und Realpolitik.

Ihren Frust sollten die unabhängigen Frauen jetzt zum Nachdenken nutzen, wie außerhalb der kräftezehrenden institutionellen Politik so etwas wie eine autonome Bewegung entstehen kann - radikal, also das Patriarchat an der Wurzel packend, ohne zur völligen politischen Bedeutungslosigkeit zu verkommen. Eine Frage, die angesichts des „Einig Vaterlands“ auch für die Frauenbewegung in der Bundesrepublik - oder was davon übriggeblieben ist - wieder aktueller den je werden sollte.

Ulrike Helwerth