Das grün-lila Wahlbündnis steht vor dem Bruch

Aufgrund des niedrigen Wahlergebnisses steht dem Unabhängigen Frauenverband formal kein einziger Sitz in der Volkskammer zu / Frauen verlangen drei Mandate von der Grünen Partei, sonst lassen sie das Bündnis platzen / Die Ökos weigern sich bisher hartnäckig  ■  Von Ulrike Helwerth

Ost-Berlin (taz) - Der Unabhängige Frauenverband (UFV) hat der Grünen Partei gedroht, das Wahlbündnis zu kündigen. Auch die Mitarbeit in der zukünftigen Fraktion aus Bündnis 90 und Grüner Partei lehnen die Frauen ab. Stein des Anstoßes: In der zukünftigen 8köpfigen Volkskammerfraktion sollen die lila Frauen mit keinem Sitz vertreten sein. Der UFV sieht darin „nicht nur eine Mißachtung des Wählerwillens“, sondern wirft der Grünen Partei auch „mangelndes Demokratieverständnis und fehlende Bündnisfähigkeit“ vor, wie es in einer Presseerklärung des Verbandes heißt. Die Grünen hingegen sind über diese „Erpressung“ stinksauer und verweisen auf das Recht, das formal auf ihrer Seite sei.

Bei den Bündnisverhandlungen im Februar, als mensch noch davon ausging, daß es eine einzige Landesliste geben würde, einigten sich nämlich Grüne Partei und Unabhängiger Frauenverband darauf, die gemeinsame Wahlliste zu zwei Dritteln mit Grünen und zu einem Drittel mit lila Frauen zu besetzen. Bündnisbedingung der Grünen allerdings: kein Platz eins für die unabhängigen Frauen. Der Verband stimmte diesem Deal auf seinem Gründungskongreß am 17. Februar mit großer Mehrheit zu. Frau gab sich zufrieden mit Platz drei und jedem folgenden dritten Platz.

Dann aber kam alles anders. Zwei Tage später wurde nämlich zugunsten von Bezirkslisten entschieden. Die unabhängigen Frauen, die sich mit ihren dritten Plätzen jetzt erheblich ins Hintertreffen kommen sahen, schlugen bei den Grünen fast in allen 15 Wahlbezirken wenigstens Platz zwei auf der Liste heraus. Damit waren alle Seiten zunächst zufrieden, rechnete mensch doch mit einem Wahlergebnis von drei Prozent aufwärts. Das böse Erwachen kam, nachdem die endgültigen Zahlen vorlagen: 1,96 Prozent für Grün-Lila, gerade acht Sitze - keinen davon für den UFV.

Die Frauen gingen auf die Barrikaden. In einer ersten Erklärung verlangten sie, daß drei gewählte grüne Kandidaten zugunsten ihres Verbandes auf ihr Mandat verzichten sollten. Schließlich hätten die Grünen nicht für sich allein die Sitze gewonnen. Doch bisher war keiner der bezirklichen Spitzenkandidaten bereit, auf sein Amt zu verzichten. Und der grüne Hauptvorstand weigerte sich, seinen Bezirken eine solche Empfehlung auszusprechen. Begründung: Das laufe nicht nur der Basisdemokratie zuwider, sondern sei auch „nachträgliche Wahlmanipulation“. Die Plätze gehörten von Rechts wegen ihnen, schließlich hätten die unabhängigen Frauen die Bedingungen akzeptiert. Es sei „unverschämt“, jetzt fast die Hälf te der Mandate erpressen zu wollen.

Allerdings gibt es zumindest innerhalb der Berliner Grünen eine gewisse Kompromißbereitschaft. Heute will sich die grüne Landesdelegiertenkonferenz mit dem Problem befassen. Dann wird sich entscheiden, ob sich die „frauenfreundliche“ Partei politisch leisten will und kann, mit sechs Männern und zwei Frauen (keine davon aus dem UFV) ins Hohe Haus einzu ziehen.

Und auch die unabhängigen Frauen wollen erst noch einmal im landesweiten Koordinierungsrat diskutieren, ob es mit den Grünen endgültig aus ist. Bei den Kommunalwahlen jedenfalls wird wohl jedeR für sich allein antreten.