Weißwäscher und Wahlkämpfer

Gladbecker Geiselaffäre: Düsseldorfer Untersuchungsausschuß legt zwei Abschlußberichte vor  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Untersuchungsausschuß im Düsseldorfer Landtag zur Untersuchung der Gladbecker Geiselaffäre hat am Dienstag seine Arbeit mit zwei völlig gegensätzlichen Abschlußberichten beendet. Während die SPD-Mehrheit Innenminister Herbert Schnoor einen Persilschein ausstellte und davon sprach, dem Innenminister sei im Zusammenhang mit der Geiselaffäre „kein Vorwurf“ zu machen, hielt der CDU -Sprecher Otmar Pohl dem Minister zahlreiche Fehler und „eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit“ vor. Die Polizei habe wegen falscher Vorgaben günstige Zugriffsmöglichkeiten nicht genutzt und bei der „Notbremsung“ auf der Autobahn dann ein hohes Risiko in Kauf genommen. Wie Pohl bezichtigte auch der Ausschußvorsitzende Heinz Lanfermann (FDP) den Innenminister, in dem im letzten Jahr vorgelegten Zwischenbericht „wesentliche Tatsachen verschwiegen“ zu haben. Tatsächlich hatte Schnoor die berüchtigte „Pinkelpause“ des Geiselnehmers Degowski in Bremen zunächst ebenso in seinem Bericht unterschlagen wie die Tatsache, daß in den Fahrzeugen der SEK-Zugriffskräfte der Impulsgeber für die Zündunterbrechung des Fluchtwagens nicht mitgeführt worden war. Weil dadurch die im Fluchtwagen präparierte Zündunterbrechung nicht ausgelöst werden konnte, war es den Geiselnehmern möglich, unmittelbar vor dem Rammstoß durch die Polizei ihr auf der Autobahn parkendes Fahrzeug wieder anzufahren. Da der Rammstoß nicht in der vorgesehenen Weise auf das Fluchtfahrzeug erfolgte, konnte die beabsichtigte Schockwirkung der Geiselnehmer nicht erreicht werden. Bei einem Angriff auf das stehende Fahrzeug, so wurde später in einem internen Bericht des Kölner Polizeipräsidenten vermutet, hätte die Geisel wahrscheinlich überlebt. Der Umgang mit den Erkenntnissen zum Zündunterbrechungsmechanismus durch die sozialdemokratische Ausschußmehrheit belegt augenfällig die weißwäscherische Absicht der SPD-Berichtersteller. Während die Polizei intern einen gravierenden Fehler einräumt, schreibt die SPD in ihrem Bericht, daß „die Tatsache, daß der Impulsgeber nicht in den SEK-Fahrzeugen war, keine Rolle für den Ausgang des Zugriffes“ spielte. Daß die Polizei während der Observation den Geiselnehmern immer wieder aufgefallen war und dadurch ihre eigene Strategie, die Gewährung des „scheinbar verfolgungsfreien Abzugs“, selbst unmöglich machte, mag die SPD nicht einräumen. Zu Recht weist der Oppositionsbericht darauf hin, daß sich die Täter in Bremen insbesondere „durch die Besatzung eines weißen Audis derartig provoziert fühlten, daß sie sich auf den anschließend gekaperten Linienbus zu bewegten“. Während die Opposition in diesem Punkt korrekt argumentiert, wurden durch die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuß aber auch zahlreiche früher aufgestellte Behauptungen von Oppositionspolitikern widerlegt. So hatte der innenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion am 16.2.89 erklärt: „Besonders schlimm war die Vorgabe (von Schnoor, d. R.), das Geiseldrama in NRW zu beenden... Die Verbrecher mußten mit höchstem Risiko gestoppt werden, koste es, was es wolle.“ Nach Abschluß des U-Ausschusses steht fest, daß es eine solche „Vorgabe“, die Geiselnahme in NRW zu beenden, nie gegeben hat.