■ Was passiert beim Umtausch von Bargeld und Sparguthaben zum Kurs von 1:1? Lohnraub? Inflation?

Entscheidend ist die Frage, in welchem Umfang die bisherigen Ost-Mark-Bestände in BRD-D-Mark umgetauscht werden. Das Volumen des gesamten Geldvermögens betrug 1988 ca. 184 Milliarden Ost-Mark. Vorstellbar wäre, daß das Bargeld in den Händen der privaten Haushalte (ca. 16 Milliarden Ost -Mark 1988) über die Umtauschrelation 1:1 in D-Mark eingetauscht wird. Bei den Sparguthaben mit ungefähr 152 Milliarden Ost-Mark sollte unter dem Regime einer Währungsunion ebenfalls ein Umtausch von 1:1 realisiert werden. Die Pläne, lediglich einen Sockelbetrag von etwa 1.000 Ost-Mark voll in D-Mark, jedoch höhere Beträge stufenweise immer ungünstiger umzutauschen, sind abzulehnen. Denn diese Geldvermögensbildung kam großteils wegen unzureichender Konsumtionsmöglichkeiten zustande. Es wäre sozial unverantwortlich, hier jetzt auch noch eine Entwertung im Rahmen eines Währungsschnitts vorzunehmen.

Beim Umtausch des gesamten DDR-Geldvermögens im Verhältnis 1:1 würde die 1988 geltenden DM-Geldmenge „M 3“ (Bargeld, Sichteinlagen, Termineinlagen und Sparkonten unter gesetzlichen Bedingungen) um ungefähr 15 Prozent ausgeweitet. Die sich ergebende inflationäre Entwicklung der D-Mark könnte jedoch durch folgende Regelungen abgeschwächt werden: Vorzugsweise den bisherigen Besitzern von Geldvermögen wäre der Kauf von Anteilen am bisherigen Staatsbesitz (Grundeigentum, Immobilien, Industriebeteiligungen an einer Unternehmens-Holding DDR) sowie staatlicher Finanzierungspapiere anzubieten. Die dadurch erzielten D-Mark-Beträge ließen sich bei der Staatsbank der DDR stillegen und damit dem volkswirtschaftlichen Kreislauf entziehen. Weiterhin könnte

-vergleichbar dem Sparbuch mit gesetzlicher Kündigungsfrist - eine zeitlich abgestufte Abhebungsmöglichkeit vorgesehen werden. Schließlich müßten durch die Sicherung eines qualifizierten Konsumwarenangebots auch die Möglichkeit, diese D-Mark-Beträge auszugeben, gewährleistet werden. Die Währungsunion kann also nur gelingen, wenn gleichzeitig sich die Güter- und Dienstleistungsangebote ausweiten.

Würde im vollen Ausmaß des Umtauschs des Geldvermögens die DM-Beträge in die BRD zurückfließen, dann drohten durch die Ausweitung der Geldmenge „M 3“ um über 15 Prozent inflationäre Gefahren. Ohnehin stößt die dringende Nachfrage nach Investitionsgütern zum Umbau der DDR auf hiesige Kapazitätsengpässe. Damit ist ein Anziehen der Inflationsrate wahrscheinlich. Wenn dann die Deutsche Bundesbank auch wegen der starken Ausweitung der Geldmenge 1990 zu restriktiven Maßnahmen greift, dann würde eine Rezessionskrise drohen. Die Folge wäre in der ohnehin schwierigen Phase des ökonomischen Zusammenwachsens eine Stabilisierunskrise, das heißt Rezession und ansteigende Arbeitslosigkeit.

R. Hickel