Mit dem Hammer gegen 'Prinz‘

■ M. DuMont Schauberg stützt 'Kölner Illustrierte‘

Vor einem Jahr wäre die Meldung noch ein netter Gag des Kölner Alternativkarnevals gewesen: Der Verlag M. DuMont Schauberg, der mit Bundesdeutschlands zweitgrößtem Boulevardblatt 'Express‘ und mit dem 'Kölner Stadtanzeiger‘ maßgeblich die rheinisch-regionale Öffentlichkeit strukturiert, beteiligt sich mit 24,9 Prozent an der lokalen Gegenöffentlichkeit - an der 'Kölner Illustrierten‘. Daß die neue Allianz kein Karnvalsscherz ist, wurde an den tollen Tagen sichtbar bestätigt: Die das ganze Jahr über knallrot kostümierten 'Express'-HandverkäuferInnen hatten, als sie die Jecken in der Kölner Innenstadt bedienten, zum ersten Mal das linke Stadtmagazin im Angebot.

Bis zu Beginn der Session war die Welt der Kölner Stadtillustrierten im Lot. So hatte die 'Kölner Stadtrevue‘

-die Mutter der 'Kölner Illustrierten‘ - stolz auf „13 Jahre im Kampf gegen das Böse“ (Jubiläumstitel 1/90), Bewegungen, Moden und sogar Revolutionen überlebt und es mit einem immer umfangreicheren Serviceteil zu einer verkauften Auflage von 32.200 Exemplaren gebracht. Werblich ist die 'Stadtrevue‘ der Szene-Programm-Presse (SPP) angeschlossen, für die sie als westdeutsches Flaggschiff fungiert. Die 'Kölner Illustrierte‘ hingegen ist ein Spätkömmling. 1985 mit frühem Zeitgeist-Touch gestartet, entwickelte sie sich zum ebenso bunten wie engagierten - und von Kölns Kommunikatoren ernst genommenen - Oppositionsblatt. Die 'Kölner‘ erreichte zum Jahresende 89 eine verkaufte Auflage von knapp 18.000 Exemplaren.

Als Ende letzten Jahres die Bochumer 'Prinz'-Kommunikation (an der zu 75 Prozent der Hamburger Jahreszeiten-Verlag beteiligt ist) einen Köln-spezifischen 'Prinz‘ proklamierte und auch herausgab und 'Prinz'-Geschäftsführer Werner Marchinowski für Ende 1990 die Zielmarke von 25.000 verkauften Exemplaren vorgab, bekam es die 'Kölner Illustrierte‘ mit der Angst zu tun. Selbst der werbliche Hintergrund eines Großverlages - die 'Kölner‘ wird von der Gruner+Jahr-Agentur „ad eins“ belegt - reichte kaum zur Gelassenheit. Geschäftsführer Achim Göbel, neben Dirk Scharlau und Franz Josef Gerwin auch Anteilseigner der K.I. -Mediengesellschasft mbh.: „Wir müssen uns jetzt stark um unser Profil kümmern.“

Vom 'Prinz'-Profil - ein inzwischen in acht Großstadtregionen verbreiteter Mix aus lokal verankerter Schreibe, zentral verordneten Zugaben und bundesweit angebotenen Werbeflächen - ließ sich auch M. DuMont Schauberg beeindrucken. Mit 'Prinz‘ sah sich der Regionalverlag einer Stadtillustrierten konfrontiert, die ihm auf heimischem Terrain lokale Großkunden abspenstig machen könnte. 'Kölner Illustrierte‘ und 'Stadtrevue‘ waren bei der Aquise bislang nur vereinzelt über die lokale Bio-, Gastro- und Musikszene hinausgekommen.

M. DuMont Schauberg zog die Konsequenz und kaufte sich bei den „Alternativen“ ein. Mit seinem Einstieg in den Stadtillustriertenmarkt ändern sich die Konstellationen überregionaler wie lokaler Medienstrukturen. So kommt es mit dem Werbe-Background der 'Kölner Illustrierten‘ - für Gruner+Jahr zu einer vielversprechenden Querverbindung. Denn mit M. DuMont Schauberg arbeitet Gruner+Jahr längst bei der Produktion der 'Moskau News‘ zusammen. Auch dafür besorgen die Hamburger die Anzeigen. Göbel kann sich vorstellen, daß sich die beiden Großen für die neue Köln-Connection abgestimmt haben.

Lokal bringt die Kooperation, die beim Handverkauf und im Grossovertrieb praktische Folgen hat, die 'Kölner Illustrierte‘ erst mal vor 'Prinz‘ in Sicherheit. Während Göbel, Zeitungsmann seit alternativen Gründerjahren, nach erfolgreichen Kooperationsgesprächen „einige Bauchschmerzen“ gesteht, bleibt nur die 'Stadtrevue‘ frei vom Ruch des großen Geldes - was ihre Corporate Identity stärkt. In ihrer neuen Außenseiterrolle attackiert sie in der Märzausgabe heftig den Pressefürsten Alfred Neven DuMont. Überschrift: „Neven mit dem Hammer“.

Peter Hanemann