Ein Vierteljahrhundert unscheinbar

■ Heute wird mit dem Rücktritt des Oberbürgermeisters von Ost-Berlin, Erhard Krack, gerechnet Als SED-Mitglied war er seit 1974 im Amt / Stationen aus dem Leben eines unauffälligen Kommunalpolitikers

Ein auffälliger Kommunalpolitiker war Erhard Krack nie. Bei einem Spaziergang über den Alexanderplatz würden ihn wohl viele der von ihm seit 1974 regierten Menschen nicht erkennen. Er stand als Oberbürgermeister von Ost-Berlin selten im Rampenlicht der Öffentlichkeit, sondern eher im Schatten der SED-Führung, die aus der Hauptstadt ihr Prestige-Objekt machte.

Geboren wurde Krack 1931 in Danzig. Gelernt hat er Rohrleger und Installateur, zwischendurch legte er das Abitur ab und mit 20 wurde er Mitglied der SED. Seine politische Karriere führte ihn nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Rostocker Uni an die Warnow -Werft in Rostock. Weitere Stationen seiner Laufbahn waren der Bezirkstag Rostock, der Volkswirtschaftsrat und schließlich das Ministeramt für bezirksgeleitete und Lebensmittelindustrie. Im Februar 1974 wurde Erhard Krack Oberbürgermeister von Ost-Berlin.

Seine „beste Zeit“ lag wohl im Jubeljahr 1987 - das Jahr des 750-jährigen Bestehens von Berlin. Als Stellvertreter Honeckers im Festkomitee kam ihm vor allem die Aufgabe zu, öffentliche Positivbilanzen zu ziehen. Da war zu verweisen auf die Neubaugebiete in Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf, auf innerstädtischen Wohnungsbau und Altstadtsanierung. Zu den Vorzeigeobjekten gehörten auch das Nikolaiviertel, der Platz der Akademie und der Wiederaufbau der Friedrichstraße. Für die Aufmöbelung waren Bauleute aus der ganzen Republik in Berlin beschäftigt. Weniger beachtete Ecken Berlins und die Innenstädte anderer Großstädte verfielen dafür.

Die Feiern in beiden Teilen der Stadt liefen zwar parallel, aber nie zusammen. Krack hätte, selbst bei eigenem guten Willen, daran nichts ändern können. Eine eigenständige Stadtpolitik konnte er nicht betreiben. Er war nur ausführendes Organ - allerdings der Beschlüsse, die er als Mitglied von Ministerrat und ZK der SED mitverantwortete. In der Staatspolitik galt die Maxime, West-Berlin als „selbständige politische Einheit“ zu behandeln.

Nach der Wende schien es zunächst so, als würde Krack zu den politisch Überlebenden gehören. Anläßlich der Öffnung des Brandenburger Tores bewies der langjährige SED-Politik seiner Wandlungsfähigkeit: „So wie dieses Tor als bedeutendes Denkmal deutscher Geschichte nie wieder mißbraucht werden darf und als Symbol des Friedens, der Achtung und des Respekts voreinander alte Sinnfälligkeit wiedergewonnen hat, werden wir die Beziehungen in der Stadt gestalten.“

Mit der Diskussion um die Wahlfälschung in den Kommunalwahlen vom Mai 1989 geriet auch Krack zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik. Noch am 1.Februar wies er jedoch in der Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens darauf hin, daß er selbst „mit aller Entschiedenheit“ darauf gedrungen habe, daß die Wahlgesetze eingehalten werden.

Erst am 12.Februar kündigte Krack nach massiven Forderungen der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung von Ost -Berlin an, daß er sein Amt zur Verfügung stellen werde.

Sabine Schwalbe