Ein Frauenkampf

Im KiTa-Streik zeigen Frauen endlich ihre Zähne  ■ G A S T K O M M E N T A R

Um die Bedeutung, die der KiTa-Streik der Erzieherinnen hat, richtig einschätzen zu können, ist ein kleiner historischer Exkurs angebracht. Vor gut 20 Jahren war's, als Revolutionäres in der Luft lag und der revolutionäre Auftrag lautete: an die Basis! Die einen gingen an die Drehbank und agitierten in der Frühstückspause, die anderen stürzten sich auf die revolutionären Subjekte von morgen, die Kinder in den Kinderläden. Damals gab es ganze Warteschlangen begieriger Männer, die gerne Kinderarbeit leisten wollten, gleichgültig, wie mies die Bezahlung und wie nervend die Eltern waren.

Zeitgleich dümpelte die öffentliche Kindererziehung vor sich hin und wurde hauptsächlich von Frauen betrieben. Sie hüteten fremde, während der Arbeitszeit abgegebene Kinder. Aber auch in den KiTas bewegte sich etwas, der besagte revolutionäre Elan färbte leicht ab, und die KiTas entwickelten sich zu halbwegs passablen Kinderaufenthaltsorten. Im gleichen Zuge versiegte die Revolution in den Kinderläden. Die Namen wurden geändert, aus „Roter Stein“ wurde „Schnurkels Wurzelhütte“, über Platzgeld die Finanzierung gesichert und die Männer verschwanden aus der Erziehung, um endlich Karriere zu machen.

Dann war es so, wie es schon immer war: Kindererziehung blieb die Sache schlecht bezahlter Frauen, die ja doch nur das taten, wozu Frauen geboren sind - hegen und pflegen. Welcher Mann läßt sich auch fünf Jahre ausbilden, um dann weniger als 2.000 DM zu verdienen?

Was war und blieb? Der Kindertagesstättenalltag: Nasen putzen, trösten, bei Hausaufgaben helfen, Pflaster auf Knie kleben, ein Lärmpegel wie in der Disco, zu viele Kinder, zu viel schwierige Kinder. Die Erzieherinnen: überanstrengt, stöhnend und jammernd, unpolitisch, unorganisiert, oft krank. Außerdem verdienten sie nicht genug, um sich - wie ihre nörgelnden Genossinnen, die Lehrerinnen - auf den Malediven regenerieren zu können.

Jetzt ist es passiert, der langgehegte Groll der Frauen ist aufgebrochen im wochenlangen Streik. Über 90 Prozent haben sich in den Gewerkschaften organisiert. Die lieben, hegenden und pflegenden Frauen zeigen ihre Zähne und sind nicht zu beruhigen. Das Ganze, wo es doch gerade um DeutschlandDeutschlandDeutschland geht! Wunderbar.

Übrigens - die Männer, die heute als Machtträger beinhart „Nein“ zu den Forderungen der Erzieherinnen sagen, dürften ihre Politisierung erfahren haben, als Kinderbetreuung noch den Anspruch hatte, der ihr gestohlen wurde: wichtige gesellschaftliche Arbeit.

Margit Miosga (freie SFB-Mitarbeiterin)