Stasi-Akten sind 12 Kilometer lang

■ Die Ostberliner Zentrale des Spitzeldienstes wird aufgelöst / Ein Drittel der Belegschaft ist entlassen / Ferngesteuerte Abhörstationen gab es rund um Berlin

Berlin (taz) - Allein die Akten im Ostberliner Hauptquartier des früheren Staatssicherheitsdienstes ergeben zusammengelegt eine Strecke von etwa 12 Kilometern. Das berichteten am Dienstag die Mitarbeiter des Bürgerkomitees für die Auflösung des Geheimdienstes, das sich am 15.Januar nach der Erstürmung der Ostberliner Geheimdienstzentrale gebildet hatte. Unter Aufsicht der 99 ehrenamtlichen Mitarbeiter haben die Nachlaßverwalter der Stasi bis zum Montag abend über 13.900 der rund 33.000 Mitarbeiter entlassen. Täglich kommen 600 bis 700 hinzu. Die Durchsicht der sichergestellten Akten in dem Gebäudekomplex an der Normannenstraße mit 60 Häusern werde Jahre dauern. Jetzt gehe es nur darum, das Material sicherzustellen.

Die „Hauptabteilung Aufklärung“, die in den letzten Tagen beschuldigt wurde, auch heute noch die Richtfunkstrecken der Bundespost abzuhören, soll bis heute aufgelöst und die letzten Spione entlassen sein. Im Umkreis von 100 Kilometern rund um Berlin unterhielt die Stasi mindestens 20 unbemannte und vollautomatische Abhörstationen auf Posttürmen, die von der Ostberliner Zentrale aus gesteuert und bedient wurden. Ob Telefongespräche zwischen West-Berlin und dem Bundesgebiet weiter abgehört werden, konnte das Komitee nicht ausschließen.

Beim Sturm auf das Hauptquartier vor zwei Wochen sind auch Akten über DDR-Spione verschwunden. Die Mitarbeiter des Komitees gehen davon aus, daß bei der Erstürmung gezielt die Türen aufgebrochen wurden, hinder denen diese Unterlagen gebunkert waren. Drei der verschwundenen Akten sind inzwischen sichergestellt worden, eine Person wurde festgenommen. Die 90 Gebäude der Zentrale sollen in Zukunft allen DDR-BürgerInnen zugänglich gemacht werden. Sie sollen aufgeteilt und in einer Weise genutzt werden, daß ein späterer Einzug irgendeines Geheimdienstes unmöglich wird.

Wg