Große müssen draußen bleiben

■ DDR: Wenige Kombinate der Zukunft und wenig Zukunft für Kombinate

In einer schwierigen Situation befinden sich derzeit die Kombinatsdirektoren der DDR. Erwartet wird von ihnen plötzlich, daß sie sich innerhalb sehr kurzer Zeit dem Weltniveau bei Preisen, Qualität und Zuverlässigkeit anzupassen haben - zugleich geht der Geldsegen aus Bonn, die Kredite über sechs Milliarden D-Mark, an ihnen vorbei. Nachdem sich der West-Geldhahn für ihre zukünftige Konkurrenz, die kleinen und mittleren Betriebe, nun öffnet und das Ost-Wirtschaftsrecht den Bedingungen der Geldgeber angepaßt wurde, stellt sich nun die Frage: Was soll mit den Großbetrieben der DDR, den Kombinaten, passieren?

Schließlich stehen sie, nach Betriebsgrößen betrachtet, noch auf unabsehbare Zeit für das größte Umsatzvolumen, die meisten Arbeitsplätze und die wichtigste Außenhandelskapazität der DDR-Wirtschaft. Als sonderlich flexibel haben sich die Wirtschaftskapitäne (Ost) aber bislang nicht herausgestellt. Zu ihrer ersten Wirtschaftskonferenz hatten sie sich erst zusammengefunden, als die Mauer schon einen Monat geöffnet war - und selbst da hatte die Regierung sie noch zusammentrommeln müssen. Und von den Joint-venture-Regelungen können sie nicht allzuviel erwarten. Denn wenn die DDR-Wirtschaftsministerin Christa Luft schon von Woche zu Woche Positionen räumen muß, in einem hat sie nach wie vor recht: Gemeinschaftsunternehmen können nur ein bunter Flicken auf dem Teppich der DDR -Ökonomie sein.

Wo Aussicht darauf besteht, die lukrativen West-Standards zu erreichen, werden die bundesdeutschen Unternehmer schon jetzt bei den Generaldirektoren vorstellig - das bisherige Herstellungsmonopol der Kombinate hat schließlich den Vorteil, mit einer einzigen Einstiegsinvestition den alleinigen Zugang zu einem Markt zu sichern. Für den Rest, und das ist - steht zu befürchten - der größere Teil der Kombinate und seiner Betriebsteile, wird die neue Regierung verantwortlich zeichnen müssen werden: mit Betriebsschließungen, Schrumpfkuren, mit staatlichen keinesfalls aber privaten - Erhaltungs- oder Modernisierungssubventionen.

Die Mittelstandsförderung aus Bonn reizt zugleich die wissenschaftlich-technische Intelligenz zum Wechsel in die neuen Betriebe an und sorgt damit für ein weiteres personelles Ausbluten der großen Einheiten. Nur einige von ihnen werden sich am Markt behaupten können; die ersten drei Kombinate, die soeben in die Eigenerwirtschaftung ihrer Mittel entlassen wurden, sind mit Geschick ausgesucht. Unklar ist aber, was die großen westlichen Konzerne davon abhalten soll, die Zeitlücke zwischen der Pleite vieler Kombinate und VEBs und dem Erstarken der neuen Mittelständler auszunutzen.

Dietmar Bartz