35 - und keine Stunde mehr

■ IG Metall startet den Tarifkampf 1990: Freies Wochenende, Arbeitszeitverkürzung - und viel mehr Kohle

Am vergangenen Sonnabend läutete die Funktionärskonferenz der IG Metall Berlin den Tarifkampf 1990 ein. Der 1. Bezirksvollmächtige, Manfred Foede, forderte die Festschreibung der 35-Stunden-Woche, mehr Geld, Schutz vor weiterer Leistungsverdichtung und den Erhalt des freien Wochenendes. Jeder zehnte Berliner sei arbeitslos, „die Zeit der Selbstverteidigung ist gekommen“.

DGB-Landesbezirksvorsitzender Pagels betonte die gute wirtschaftliche Konjunktur in Berlin. Arbeitszeitverkürzungen und kräftige Lohnerhöhungen sind möglich. Selbst konservative Wirtschaftswissenschaftler müssen zugeben, daß die bisherige Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 37,5 Stunden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat. „In der Konjunktur scheint die Sonne, das müssen wir nutzen, um die Sonne der 35-Stunden-Woche durchzusetzen“, betonte Klaus Lang, Leiter der Abteilung Tarifpolitik beim Vorstand der IGM. Überstunden verhindern Neueinstellungen, ermahnte er die Betriebsräte, und wie in allen Tarifgebieten muß sich auch die IGM Berlin auf Streik und Aussperrung vorbereiten.

Zu der Arbeitgeberkampagne, die versuche, die Arbeitnehmer beider Deutschlands gegeneinander auszuspielen, sagte er: „Streikrecht und Gewerkschaftsfreiheit sind Teil der Anziehungskraft unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Die demokratische Revolution in der DDR darf nicht für den Verzicht demokratischer Freiheits- und sozialer Grundrechte bei uns in der Bundesrepublik mißbraucht werden.“ In die gleiche Kerbe schlug der Bezirksvorsitzende der IG Metall Berlin Ost, Alfred Kunz, der erstmals auf einer IGM-Veranstaltung sprach. Er verwies darauf, daß die Metaller und Metallerinnen in der DDR ihre Solidarität mit den KollegInnen dadurch beweisen, daß sie gegen einen Ausverkauf der DDR und gegen ihre Ausgestaltung zu einer verlängerten Werkbank der bundesdeutschen Konzerne kämpfen.

ak