Mordrow-Ausladung „lächerlich“

■ Nach dem Streit um die „Wahlkampfhilfe für die SED“ setzt sich die Rest-Vernunft durch / Besuch des DDR-Ministerpräsidenten unumstritten / DDR-Opposition will in die Gespräche einbezogen werden

Berlin (dpa) - Der Streit um den Modrow-Besuch scheint vorerst beigelegt. Nach einigen Irritationen sprachen sich die Bonner Parteispitzen ebenso wie Teile der DDR-Opposition am Mittwoch für die Fortsetzung der Gespräche mit der Regierung in Ost-Berlin aus. Diese seien im Interesse der Menschen in der DDR unbedingt erforderlich. Gleichzeitig versprachen die Bonner Parteien unisono, die DDR-Opposition in die weiteren Regierungskontakte einzubinden.

Bundespräsident von Weizsäcker ermahnte - angesichts der aufgeregten Debatten - alle Beteiligten zur Besonnheit und „äußersten Disziplin im Denken und Handeln“. Der SPD -Vorsitzende Vogel, der am Samstag zu einem überraschenden Treffen mit Modrow in Ost-Berlin zusammenkommt, wandte sich

-offenbar geläutert - ebenfalls entschieden gegen einen Abbruch der Gespräche mit der SED-geführten Regierung. Man dürfe hier keine „Kontaktsperre“ verhängen, sagte Vogel. Weitreichende Vereinbarungen etwa über eine Vertragsgemeinschaft dürften aber erst nach der Wahl am 6. Mai erfolgen.

Der SPD-Deutschlandexperte Bahr hält dagegen den Abschluß der angekündigten Vertragsgemeinschaft schon vorher für erreichbar. Bahr nannte Überlegungen für eine Ausladung Modrows „lächerlich“. Absoluten Vorrang müsse jetzt die Festigung der Wirtschaftslage in der DDR haben, damit die Menschen wieder Hoffnung schöpften. Dies gehe nur über Regierungskontakte.

Sprecher der Sozialdemokraten und des Neuen Forums in der DDR verlangten, am Bonn-Besuch Modrows beteiligt zu werden, wandten sich aber gegen dessen Ausladung. Vertreter des runden Tisches in Ost-Berlin sollten mit dem SED-Politiker nach Bonn reisen, sagten SDP-Vorstandsmitglied Meckel und Henrich vom Neuen Forum.

CDU-Generalsekretär Rühe kritisierte FDP-Chef Lambsdorff und dessen Vorschlag, Modrows Besuch abzusagen. „Wer jetzt zu einem Abbruch der Gespräche rät, der provoziert eine unkontrollierbare Flüchtlingswelle.“ Dies würde die Chancen der DDR für eine Demokratisierung und Modernisierung endgültig begraben. FDP-Sprecher Goebel wies Rühes Kritik nachdrücklich zurück. Die FDP sei immer für eine Fortsetzung der Arbeitskontakte gewesen, lehne aber die Aufwertung der SED ab. Ein „großer Bahnhof“ beim Modrow-Besuch oder eine Vertragsgemeinschaft vor der Wahl dürfe es nicht geben.

CDU-Fraktionschef Dregger forderte die Überwachung der DDR -Wahl durch die Vereinten Nationen. Er begründete dies im Pressedienst seiner Partei mit früheren Wahlbetrügereien der SED. Siehe Kommentar Seite 10