Ein Buch aus zwei Welten

■ „Mit Fischen leben“, eine Anthologie Bremer und Gdansker Autoren / Interview mit einer Herausgeberin

taz: Vier Herausgeber und Herausgeberinnen, zwei Polen, zwei Deutsche, mehr als 30 AutorInnen aus Danzig und Bremen, wie koordiniert man das, damit am Ende ein Buch herauskommt?

Konstanze Radziwill: Das war wahnsinnig schwierig. Da sind

erst einmal ganz reale Gründe, die jeder kennt, der mit Polen zu tun hat: Telefonieren geht nicht, Post dauert unkalkulierbar lange. Und sich zu treffen, das hatte derart viele bürokratische Hindernisse, daß wir das in der Herausgebergruppe auch nur zweimal

insgesamt getan haben.

Wie lange hat es gedauert, von der Idee bis zum fertigen Buch?

Drei Jahre.

Seit wann suchen Bremer AutorInnen die Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen?

Nachdem 1976 der Partnerschaftsvertrag zwischen Bremen und Gdansk abgeschlossen war, gab es zarte Versuche von Bremen aus Fühler nach Danzig auszustrecken. 1981 war es soweit gediehen, daß man an eine Reise dachte. Und dann brach das im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht vollständig ab. Dann wurde in Polen der offizielle Schriftstellerverband aufgelöst und ein neuer gegründet, der dann aber als Gleichschaltungsverband bezeichnet wurde, und in dem die Autoren von Rang und Namen nicht mehr vertreten waren.

Die Idee zu dem Buch entstand dann vor drei Jahren. Wir als Autoren hatten unsere Neugier nicht vergessen. Uns interessierte auch das Verbindende von Partner zu Partner, von See zu See, von Hanse-zu Hansestadt. Wir wollten einfach mehr wissen.

Und was weiß man mehr, wenn man die Texte der polnischen Autoren gelesen hat?

Wir hatten die Absicht, ein Lebensbild der aktuellen Situation beider Städte zu bringen, jeweils so, daß es auf der anderen Seite verständlich ist. Es gibt Verbindendes, beispielsweise die Ökologie. Das Problem ist in Polen so ausgeprägt wie bei uns.

Eine andere Frage ist, wie vermittelt sich das in literarischen Formen. Und da denke ich, daß es da sehr viel Ähnliches und Verbindendes gibt. Da liegen die Arbeiten irgendwo zwischen Realismus und Surrealismus. Die klassischen Formen kann man benutzen, aber sie sind nicht mehr hinreichend?

Und was glaubt ihr erfahren Gdansker über Bremen?

Ich denke, daß sich auch beim Lesen unserer Texte der Eindruck verstärkt, daß es zwei so völlig verschiedene Welten doch nicht sind, und daß es sinnvoll ist, wenn mehr Kontakte zustande kommen, auch wenn die direkten Lebensumstände ungeheuer verschieden sind.

Eine gemeinsam herausgegebene Anthologie, war's das?

Das war es bestimmt nicht. Wir wollen jetzt versuchen, eine neue Form von Autorenaustausch in Gang zu bringen. Wir wollten mit den tausend Exemplaren, die wir den Polen quasi als Geschenk mitgebracht haben, von dem Verkauf dort einen Fond anlegen, um daraus einen Autorenaustausch in eigener Initiative zu verwirklichen. Das war angesichts der galoppierenden Inflation in Polen wohl etwas naiv gedacht. Der nächste Impuls müßte noch einmal von der Bremer Seite kommen. Senator Franke und der Danziger Stadtpräsident Rynkowski haben sich ja bei der Präsentation am 1. September in Gdansk sehr positiv geäußert und gesagt, nun müsse es erst richtig losgehen. Wir hoffen, daß das nicht nur so dahin gesagt war.

Die Anthologie ist ein Leitfaden, an dem man sich langhangeln kann, und vielleicht auch ein ganz schönes Medium, um damit den Autorenaustausch auf eine neue Schiene zu bringen.

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