Durch die kalte Küche geräumt

■ Mit großem Polizeiaufgebot wurden gestern die besetzeten Häuser in der Marchstraße von der Bauaufsicht geschlossen / Kompromiß für das Vorderhaus

Auf kaltem Wege hat gestern die Polizei die besetzten Häuser in der Marchstraße und am Einsteinufer geräumt. Für das Vorderhaus in der Marchstraße wurde am Nachmittag ein Kompromiß gefunden. Das Gebäude wird von den BesetzerInnen so hergerichtet, daß die Bauaufsicht zufrieden ist. Gestern abend sollten sie das Gebäude wieder beziehen dürfen.

Eigentlich sollte es nur eine Durchsuchung sein, die die Polizei gestern Mittag auf Anordnung des Landgerichts durchführte. Doch dann war „rein zufällig“ die Charlottenburger Bauaufsicht da und mußte leider feststellen, daß die Gebäude in nicht bewohnbarem Zustand sind. Beoachter berichteten, daß der zuständige Staatsanwalt die Polizei angehalten habe, die Bauaufsicht zu holen. Ganz schnell waren dann auch Bewag und Gasag zur Stelle und klemmten Wasser und Strom ab. Die Räumung durch die kalte Küche war perfekt.

Die ersten Wannen rückten gegen elf Uhr an. Die Polizei hatte die Marchstraße zwischen Ernst-Reuter-Platz und Gotzkowskybrücke abgesperrt. Nicht nur rund zwei Duzend Einsatzwagen fuhren vor den besetzten Häusern auf, die Polizei hatte für die Durchsuchung auch Wasserwerfer, einen Gefangenentransporter und Schaufellader aufgeboten.

Die verbarrikadierten Eingangstüren wurden aufgebrochen. Mit Vorschlaghammern und Spitzhacken gingen dann die Polizeibeamten durchs Gebäude. Die BesetzerInnen beklagten sich später bitter über das Verhalten der Polizei. Die hätten Stereoanlagen und Fernseher kaputtgeschlagen. Von den 41 im Haus anwesenden BesetzerInnen wurden die Personalien aufgenommen, gegen eine Person habe ein Haftbefehl vorgelegen, teilte gestern die Justizpressestelle mit. Die Polizei wurde schließlich fündig: Zwei Straßenschilder wurden beschlagnahmt und ein Feuerlöscher, den die TU als vermißt gemeldet hatte.

Der Abgeordnete der AL, Michael Haberkorn und die stellvertretende Parlamentspräsidentin Hilde Schramm bemühten sich gestern Nachmittag darum, daß die BesetzerInnen die Häuser wieder beziehen können. Auch die Charlottenburger Bürgermeisterin Wissel und der Architekt der Gebäude versuchten, eine Lösung zu finden. Doch letztlich war es der Kompromißbereitschaft der BesetzerInnen zu verdanken, daß die verfahrene Situation bewältigt werden konnte.

Sie akzeptierten, daß das Haus am Einsteinufer und das Hinterhaus in der Marchstraße gesperrt werden und wollten die Auflagen der Bauaufsicht für das Vorderhaus gemeinsam mit dem Architekten ausführen. Gestern Abend sollten sie das Haus wieder beziehen können.

Am „Tatort“ wurde gestern darüber spekuliert, warum die kalte Räumung gerade zu diesem Zeitpunkt stattfand. Denn nicht nur der Anwalt der BesetzerInnen, Christian Ströbele, war just in Ferien gefahren, auch der Innensenator samt Justizsenatorin Limbach sind seit gestern außer Dienst. Der Durchsuchungsbeschluß des Landgerichts aber trägt schon das Datum vom 10.Juli.

Der AStA der TU nannte die Räumung gestern ironische eine „Meisterleistung des rosa-grünlichen Senats“. Er übertreffe damit den „Räumungstango“ des CDU-Senats. b