Tanz um den Hunderter

■ Capoeiristas in Bremen zu Gast

Wie zu einem Picknick unter freiem Himmel hatten sich die Bremer Capoeira-Fans am Mittwoch abend im Modernen versammelt um die 15 Capoeiristas „aus Rio und Bahia -zum ersten Mal in Deutschland“ zu bestaunen. Um mich herum wieselten Kinder, Freundinnen lagen sich in den Armen, neben mir räkelte sich eine hochschwangere Frau. Aus den Lautsprechern tönten noch Flora Purim und Airto, dann endlich Dunkel im Saal, die ersten Congaklänge, das brasilianische Spiel hatte begonnen.

Capoeira verbindet Religion, Tanz, Kampf und Musik miteinander und ist damit eine Ausdrucksform, die der Vermischung der Kulturen in Brasilien entspricht. Von den afrikanischen Sklaven im 17.Jahrhundert als Selbstverteidigung entwickelt, durchlief Capoeira verschiedene Formen und droht inzwischen zu einem exotischen Konsumgut für Europäer zu werden.

Ganz entziehen konnte ich mich diesem Eindruck auch am Mittwoch nicht; die 15 Capoeiristas boten ein bißchen zu sehr Show - vom Zelebrieren der eigenen Kultur und Religion war

kaum noch etwas vorhanden. Brasiliengeschulte rümpften die Nase. Doch zum großen Teil war das Publikum noch unbeleckt, zumindest hinderte das Wissen um das „echte“ Capoeira nur wenige am Genuß. Vier Zugaben erklatschten sich die Bremer.

Das Programm war pädagogisch aufgebaut. Die verschiedenen Facetten wurden erst einzeln vorgeführt und zum Schluß miteinander verbunden.

Als Capoeira noch heimlich auf den Plantagen geübt wurde, mußten die Kämpfenden im Stande sein, blitzschnell einen harmlosen Tanz zu mimen, sobald Weiße auftauchten. So setzen sich Kampf und Tanz aus den gleichen Grundschritten und Bewegungen zusammen. Die begleitende Musik bestimmt Anfang und Ende der Bewegungen, veranlaßt die Kämpfer das eine Mal zu spielerischem Tänzeln, das andere Mal zum Angriff auf das Gegenüber, welches durch allerlei akrobatische Tricks zu entkommen sucht. Ich habe schon Capoeirameister gesehen, die so schnell Radschlagen konnten, daß die Umdrehungen kaum noch zu zählen waren.

Am Mittwoch abend dagegen gaben sich die Capoeiristas nicht ganz so perfekt, dafür aber waren die Frauen, die nicht zum traditionellen Capoeira-Programm gehören, besonders gut. Die Stimmung schlug sogar auf die unterkühlten Norddeutschen über. Nur als es um Geld ging, wurden die Hanseaten vorsichtig: einen Hundertmarkschein, der für einen Tanz benötigt wurde, wollte lange niemand herausrücken. Schließlich wagte es eine. „Meinst Du, den siehst Du wieder?“ - „Na klar.“ r