Haribo macht Künstler froh

■ Oldenburger Künstlerverein „karg“ tritt mit neuesten Arbeiten ins Neonlicht

Das süßlich-rote Erdbeerfeld (Marke Haribo) hatte sich nach zwei Stunden unter den ausstellungs-ungeübten Füßen der versammelten Oldenburger Alternativszene in ein Schlachtfeld verwandelt.

In Susanne Schlechters sinnlicher Erfahrungslandschaft der Vergänglichkeit sind Spinnenweben mit rotem Zucker gefärbt, 'Nester‘ und 'Häuser‘, Pflanzensamen und -blüten bilden einige der Stationen des Wechselspiels zwischen rationaler Reihung und organischer 'Un'ordnung, das behutsamen Schrittes durch das Schaumstoffzuckerfeld erschlossen werden wollte. Stattdessen bekamen die Haribos die harten Schuhsohlen der Realität zu spüren, was dem Werk seine Harmlosigkeit nahm.

3000 (!) Quadratmeter Ausstellungsfläche in selbstverwaltenden KünstlerInnenhänden wurden eingeweiht. Der 15köpfige Künstlerverien „karg“ tritt erstmals mit allerneuesten Arbeiten von neun KünstlerInnen ins Neonlicht des selbstrenovierten Erdgeschosses einer ehemaligen Möbelfabrik, in der sich in zwei

weiteren Stockwerken auch die Ateliers befinden.

Die Ernsthaftigkeit zumindest des Anspruchs, mit und in der Kunst wirklich zu experimentieren, macht die Ausstellung sehenswert. Echte Freude kommt schon auf, weil in Oldenburgs jüngster KünstlerInnengeneration Kunst endlich nicht mehr nur aus selbstgefälliger heftiger Pinselschwingerei zu bestehen scheint.

Vor allem durch Größe überraschen die Fotoarbeiten von Reimer Lützen und Hans Jörn Otto. Realitätsfragmente werden durch Mehrfachbelichtung zu bildnerischen Fragen über Möglichkeiten der Realitätswahrnehmung überhaupt kombiniert. Im Vergleich zu realen Prozessen müssen allerdings diese inhaltlichen Versuche eher verharmlosend wirken. Da hilft auch das dreidimensionale Aufbrechen des Bildes zum Wandobjekt nicht viel. Der Ansatz aber überzeugt, riecht er auch etwas zu sehr nach zeitgeistigem Wandsockelschick a la Haim Steinbach, der aber nicht in Heimwerkermentalität ausgerechnet Holzfurnierimitat aufna

geln würde.

Groß im Format sind auch Joachim Seinfelds Wörterbuchbilder. Gefundene Vorsilben und Präfixe in Gestalt von Neonwerbung, Leuchtschrift und anderen Schildern sind auf zum Teil dekorativ-informellen Flächen installiert. Mit Schablonenschrift werden deutsche und italienische Wortergänzungen untereinandergereiht. Die Sprache negiert ihren Gehalt und wird Form, und als solche wird sie unter dem scheinbar konzeptuellen Ansatz eines formalsprachlichen Phänomens höchst ästhetisierend aufbereitet.

Rainer Afken hat mit Hilfe von Diaprojektoren, Fundstücken und einer schwarz spiegelnden Öllache eine romantisch -lyrische Installation geschaffen. Susanne Leutenegger beschränkt sich auf die Präsentation einiger Relikte einer emotionalen internen Gruppenauseinandersetzung. Weitere KünstlerInnen sind Ille Lassen, Olav Stein und Johannes Cernota.

Achim Könneke

karg e.V., Milchstr. 22, Oldenburg, Mi Do Sa So 15-18, Fr 18-21 Uhr. Bis 23.7.