Kein Frauenhaus in leerem Bewag-Haus

■ Besetzerinnen wollten Frauenzentrum in der Mariannenstr. / Bewag-Haus soll an Bezirk übergehen

Nach knapp 24stündiger Besetzung hat die Polizei gestern um 5 Uhr morgens das Haus Mariannenstraße 9-10 geräumt. Das Haus, das der Bewag gehört und seit mehreren Jahren leersteht, war am Vortag von über 100 Frauen besetzt und zu einem revolutionären autonomen Lesben- und Frauenzentrum erklärt worden. Die Räumung erfolgte aufgrund eines Strafantrags der Bewag und verlief nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle. 94 Frauen seien in dem Haus angetroffen worden und nach einer vor Ort erfolgten Personalienfeststellung entlassen worden. Ein Bewag -Justitiar begründete den Strafantrag damit, daß das Haus im Sommer in die Hände des Bezirksamts übergehen soll, bei dem schon diverse Interessenten wie das Kreuzberger Jugendprojekt „musikalische AKtion“ als potentielle Nutzer auf der Matte stünden. Eine Nachfrage beim Bezirksamt nach dem Grund für die schleppenden Übernahme-Verhandlungen scheiterte gestern daran, daß niemand zu erreichen war.

In dem in der Gründerzeit erbauten Haus Mariannenstraße 9 -10 war früher ein Umspannwerk untergebracht. In den letzten Jahren wurde es jedoch nur noch als Abstellhalde für Möbel und Geräte genutzt. Das Haus hat 1.500 qm Nutzfläche und ist aufgrund seiner großen Räume optimal für Gruppen und Veranstaltungen geeignet. Die Besetzung war nicht die erste seit dem Regierungsantritt des rot-grünen Senats: Bereits am 30. April hatten sich Besetzer darin niedergelassen, sich dann aber von der Bewag dazu überreden lassen, freiwillig wieder zu gehen. Ein Bewag Justitiar erklärte gestern auf Nachfrage der taz, daß den Besetzern damals zugesagt worden sei, daß die Bewag die seit zwei Jahren andauernden Verhandlungen mit dem Bezirksamt zur Übernahme des Hauses vorantreiben werde. Daran habe sich die Bewag auch gebunden gefühlt und mit dem Bezirksamt ausgehandelt, daß jenes am 1. Juli „definitiv“ Bescheid geben müsse, ob es das Haus mieten, kaufen oder gar nicht haben wolle. Von letzerem sei aber nicht auszugehen, weil das Bezirksamt schon seit längerem konkrete Verhandlungen mit potentiellen Nutzergruppen führe. Der Bewag-Justitiar versicherte, daß dieser Sachverhalt am Samstag den Besetzerinnen bzw. deren Vermittlerin, der Anwältin Ollmann, mitgeteilt worden sei. Die Bewag habe den Besetzerinnen unter der Voraussetzung einer freiweilligen Räumung angeboten, sich beim Bezirksamt dafür einzusetzen, daß sie an den Verhandlungen mit den Nutzungsinteressenten beteiligt würden. Die Vorbedingung sei von den Frauen jedoch nicht akzeptiert worden, auch wenn sie ihre Maximalforderung, das Haus allein für Frauen haben zu wollen, am Ende des Gesprächs nicht mehr so aufrechterhalten hätten. Anwältin Ollmann war gestern nicht erreichbar.

plu