ISLAM: W.Montgomery Watt "Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter"

Eine knappe Einführung zum Thema „Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter“. Eine Liste fast nur. Ohne den missionarischen Eifer von Sigrid Hunkes „Allahs Sonne über dem Abendland“, dafür alles kompakt beieinander. Das wirkt dann umso beeindruckender. „In der Moschee und Hochschule Al -Azhar in Kairo gibt es seit tausend Jahren einen kontinuierlichen Lehrbetrieb.“ Sicher, jetzt, da man das weiß, wüßte man gerne mehr. Wurde da tausend Jahre lang nur Konformität, Korangläubigkeit gepredigt oder wurden auch andere Tugenden vermittelt? Ist das ein Bonmot oder meint W. Montgomery Watt allen Ernstes unsere Menufolge ginge auf den 857 im maurischen Cordoba gestorbenen Musiker und Sänger Ziryab, eine Art Lord Brummell seiner Zeit, zurück? Sehr einleuchtend: Watts Darlegung der Bedeutung der christlichen Kreuzzüge für das islamische Reich: kleine, kaum spürbare Nadelstiche. Wer eine schnelle, wirksame Therapie gegen europäischen Überlegenheitsschwindel sucht, hier ist sie.

Ulrich Haarmann, Professor am Orientalischen Seminar der Universität Freiburg, weist in seinem Vorwort auf einen interessanten Sachverhalt hin: In den Augen der Moslems „waren die Kreuzfahrer, die sich, von den muslimischen Zeitgenossen zumeist kaum beachtet, in Jerusalem und dem palästinensisch-syrischen Küstenstreifen niedergelassen hatten, Barbaren... (aber,) die Christen des Mittelalters hatten es verstanden, der nüchternen Einsicht in die kulturelle Überlegenheit der Muslime die eigene unversehrte Religion entgegenzustellen, die sie für allein wahr und im Kontrast zu dem der Libertinage verdächtigten Islam vor allem für allein moralisch hielten... Heute können wir unter umgekehrten Vorzeichen einen ganz ähnlichen Prozeß beobachten.“

W. Montgomery Watt, Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter, aus dem Englischen von Holger Fließbach und mit einem Vorwort von Ulrich Haarmann, Wagenbach Verlag, 94 Seiten, s/w Abbildungen, 19 DM