Nette Krönung durch Kröning

■ Bremens erfolgreichste SportlerInnen des Jahres 1988 durften im Rathaus Urkunde und Blumen entgegennehmen / Star-Verein SV Werder entsandte nur Mini-Delegation

Bremen ist eine ungemein sympathische, weil unbedeutende Stadt. Zumindest, was den Sport angeht. Nehmen wir einmal an, wir würden in den Hochburgen des bundesdeutschen Leistungssports in Leverkusen, Wattenscheid, Leimen, Köln oder Offenbach einer SportlerInnenehrung beiwohnen, was bekämen wir zu sehen? Männer mit einem Berg Muskeln, Frauen mit Baritonstimmen, Kinder mit verbogenen Knochen. Nichts davon in Bremen. Bremen ist eine Stadt der sympatisch -natürlichen Sportler.

Zu begutachten war dies am Montag abend in der Oberen Rathaushalle. Da hatte Sportsenator Volker Kröning diejenigen zur Ehrung geladen, die den Namen Bremens hinaus in die an Sport interessierte bundesdeutsche Öffentlichkeit tragen. Und gekommen waren so 150, davon immer

hin etwa 40 zu Ehrende. Der Rest gehörte zu den Menschen, ohne „die es keinen funktionierenden Sport gäbe“ (Kröning): Funktionäre. Bremens geehrte SportlerInnen, von Ausnahmen abgesehen, ertüchtigen ihren leistungsfähigen Körper in Sportarten, die noch nicht einmal SAT-1 im Spätprogramm live übertragen würde. Sie sind MeisterInnen im Kegeln, im Leichtgewichtsvierer, im Kegeln auf der Bohle, im Kegeln auf der Dreibahn oder Mannschaftsmeister im Prellball. Sie spielen Badminton, Golf, segeln oder tanzen. Wenn sie auf das Podest zur Ehrung gerufen werden, setzen sie unsicher die Füße voreinander, verstecken die Hände hinter dem Rücken. Bremens Sportler sind sympatisch und etwas unsichere Menschen.

Neben den zu Ehrenden profitiert von einer Ehrung auch im

mer der, der sie vorzunehmen hat. In diesem Falle der Sportsenator. Dem scheint es gar nicht so sehr zu behagen, daß er sich in Bremen mit doch recht wenigen überregional bekannten LeibesüberInnen schmücken kann. Schuld daran sind nun beileibe nicht fehlende Leistungen der sporttreibenden BremerInnen, schuld ist ein Reglement, das der Deutsche Sportbund mit den Ländern ausgehandelt hat. Danach ist von einem Bundesland nur zu ehren, wer bei Deutschen -, Europa -oder Weltmeisterschaften aufs Treppchen gekommen ist. Leistungen wie die Buccaneers, die in die Rugbybundesliga aufgestiegen sind, wie die der Turnerriege von 1860 Bremen, die ihre Knochen künftig in der Obersten Akrobatenklasse verbiegen können, sind des Senators ehrendem Zugriff entzogen. Und so möchte

Kröning darüber nachdenken, ob er nicht auch diesen Sportlern zukünftig im Rahme einer Ehrung gerecht werden kann.

Während der Senator redet und ehrt, geht es zumindest an einem Tisch lebhaft zu. Da sitzt Bremens international renommierteste Sportler, der Kicker vom SV Werder Bremen. Trainer Otto Rehhagel gestikuliert auch am runden Tische in der Rathaushalle wie am Spielfeldrand. Um das Europapokal -Rückspiel gegen den AC Mailand kann es eigentlich nicht gehen. Denn die Spieler des SV Werder haben bis auf Manni Burgsmüller vom gestrengen Otto heute keine Ausgangserlaubnis bekommen. So bleibt die SportlerInnenehrung im Rathaus den kaum bekannten Bremer LeistungsträgerInnen vorbehalten. Bremen ist eben eine sympatische Sportstadt.

hbk