„Es blitzt der kleine Slip“

■ Wie der Bremer Einzelhandel seine Kunden observiert / Venezianische Spiegel und Kameras sind üblich, aber illegal / Bei Karstadt hat der Betriebsrat die Kameras im Griff

Peepshow in der Umkleidekabine, so betitelt die Bremer Verbraucher-Zentrale eine telfonische Ansage, die ab heute bis zum kommenden Donnerstag unter der Nummer 11606 abgehört werden kann: „Mit hämischem Grinsen verfolgt der Kaufhausdetektiv jede Bewegung der Frau, die sich Stück für Stück ihrer Garderobe entledigt. Es blitzt bereits der kleine Slip...“, heißt es auf dem Tonband. Im folgenden Text verweist die Verbraucherzentrale darauf, daß nicht nur in den Umkleidekabinen die verdeckte Beobachtung der Kundschaft verboten ist. „Venezianische“ Spiegel, also Spiegel, durch die man von hinten hindurchsehen kann, seien auch in den Verkaufsräumen

nicht erlaubt. Ebensowenig versteckte Kameras.

Dr. Johann Castendiek, Geschäftsführer des Fachverbandes Textil und Schuhe, sieht das anders. Versteckte Kameras seien aus seiner Sicht auch eine „sinnvolle Einrichtung“ und seiner Vermutung nach auch üblich. Er habe dabei keine „rechtlichen Bedenken“. Allerdings wisse er nicht viel darüber, wie die Mitglieder seines Verbandes sich gegen Diebstahl schützen: „Das ist ja ziemlich geheim“. Venezianische Spiegel in Umkleidekabienen, das konnte sich Castendiek allerdings nicht vorstellen. Das sei ja eine „Verletzung der Persönlichkeitsrechte“.

Besonders in eingeschossigen

Supermärkten (Fachjargon: Flachmänner) sind venezianische Spiegel in Gebrauch. Die Büros liegen eine halbe Treppe hoch, die Filialleiter werfen von dort ab und zu einen Blick in die Gänge, ohne daß sie selbst gesehen werden können. Verbandssprecher Castendiek findet nichts dabei: „Die Filialleiter müssen den Verkaufsraum überwachen, wollen sich aber nicht ständig von Personal und Kunden auf die Finger gucken lassen“.

Auch Hermann Krauß, der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Nordsee, hat gegen venezialische Spiegel nichts einzuwenden: „Die hat es immer schon gegeben“. Früher sei das mal „Methode“ gewesen, „aber die Diebstahlsquote ist dadurch nicht gesunken“. Die Branche setze heute mehr auf „offene Abschreckungsmaßnahmen“, wie richtige Spiegel, mit denen das Personal auch in die Ecken der Geschäfte gucken kann und auf offen installierte Kameras. Erfolgreichste Waffe gegen Ladendiebstähle sind laut Krauß die Magnetaufkleber oder -anstecker, die nervtötend piepen, wenn die KundInnen mit einer unbezahlten Hose oder einer CD-Disk aus dem Laden gehen. An der Kasse werden die Magnetteile entfernt.

Blitzsauber geht es bei Karstadt, Bremens größtem Kaufhaus zu, was die Diebstahlssicherung angeht. Das jedenfalls sagte Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Pokriefke gestern zur taz. Sowohl Kameras, als auch Monitore seien offen installiert. Über jede einzelne Kamera habe der Personalrat mit der Firma eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Wenn die Geschäftsleitung die Aufnahmen aufzeichnen will, dann muß sie das beim Betriebsrat beantragen. Auch wie die Kameras eingestellt würden, sei Sache des Betriebsrats: Nur auf die gefährdete Ware, nicht auf Kunden und VerkäuferInnen.

mw