Indonesien weiterhin auf Rechtskurs

■ Noch immer werden Menschen hingerichtet, die seit 1965 in der Todeszelle saßen / Keine Auswirkung auf westliche Kredite

Die Erschießung von zwei Ex-Militärangehörigen, die bereits vor 20 Jahren als kommunistische Rebellen zum Tode verurteilt worden waren, hat der niederländische Ministerpräsident Rudd Lubbers am Montag in Jakarta bei einem Treffen mit Präsident Suharto angesprochen. Er versicherte Suharto, daß der für 1992 angestrebte EG -Binnenmarkt gegenüber den ASEAN-Staaten nicht protektionistisch sein werde. Ebensowenig steht die von einem Konsortium westlicher Regierungen - dem auch die Bundesrepublik angehört - zugesagte Rekordhilfe von rund vier Milliarden US-Dollar zur Debatte. Nach Angaben des Sprechers des Präsidentenpalasts, Murdiono, habe Suharto Lubbers erklärt, die Erschießung sei erst jetzt am 17.Oktober erfolgt, weil man den beiden zum Tode Verurteilten habe Zeit geben wollen, ihre Verwicklung in den kommunistischen Umsturzversuch von 1965 zu bereuen und Einzelheiten über kommunistische Untergrundaktivitäten preiszugeben.

Seit in Indonesien darüber spekuliert wird, wer in der kommenden Legislaturperiode die Nachfolge des alternden Suharto antreten wird, inszeniert die Regierung einmal mehr die Gefahr eines kommunistischen Umsturzes. Ins Repertoire der alltäglichen Repressionen gegenüber Personen mit linker Vergangenheit gehören durch Paßvermerke garantierte Studien und Berufsverbote, Hausdurchsuchungen und extreme Zensurmaßnahmen.

Trotz einiger Entlassungswellen in den vergangenen zehn Jahren, ist Indonesien nach Informationen von „amnesty international“ noch immer der internationale Spitzenreiter in der Verfolgung Andersdenkender. Erst vor zwei Jahren wurden neun ehemalige Kommunisten hingerichtet, im vergangenen Herbst waren es vier Gewerkschafter. Alle saßen seit jenen Ereignissen von 1965 hinter Gittern, die in der offiziellen Sprachregelung als „mißglückter kommunistischer Putsch“ verbucht werden. Der Putschversuch, der bis heute die Kommunistenjagd legitimiert, bestand in der Ermordung sieben ranghoher Militärs und der Besetzung des Rundfunkgebäudes von Jakarta. Nach Augenzeugenberichten waren damals Funktionäre und Anhänger der Kommunistischen Partei (PKI) beteiligt. Mit drei Millionen Mitgliedern war die PKI damals eine der größten kommunistischen Parteien. Es folgte eine Welle von Massakern, der nach inoffiziellen Schätzungen eine halbe Million Menschen zum Opfer fielen. Wie viele davon an dem ominösen Putsch beteiligt waren, wie viele überhaupt von einem Putsch gewußt hatten, liegt bis heute im Dunkeln; ebenso die genaue Rolle, die das Militär und die radikalen Moslems während der Massaker gespielt haben.

Sicher ist hingegen, daß der amerikanische Geheimdienst CIA auf Seiten Präsident Suhartos mitgemischt hat. Die zunehmend antiwestliche, chinaorientierte Politik seines Vorgängers Sukarno war fundamentalistischen Moslems wie Militärs seit längerem ein Dorn im Auge. Suhartos „Neue Ordnung“ ließ politischem Pluralismus keinen Raum mehr. Hunderttausende Linke wanderten durch die Gefängnisse, die Zahl der Dauerinhaftierten lag zwischen dreißig- und hunderttausend. Mehrere tausend Angestellte der staatlichen Erdölgesellschaft Pertamina wurden entlassen und allein unter den Angehörigen des Bildungs- und Kulturministeriums verloren 3.000 Menschen ihren Arbeitsplatz. Im Sommer profilierte sich das 173 Millionen Einwohner zählende Inselreich auf dem internationalen Parkett als Gastgeber für die Kamputscheaverhandlungen in Bogor. Beim Besuch Kanzler Kohls Anfang Oktober wie auch schon beim Bonner Treffen der ASEAN-Außenminister im Mai stand das Thema der Menschenrechtsverletzungen in Indonesien nicht auf der Tagesordnung.

mu/jb