Ein Kunst-Virus außer Kontrolle

Argentinien: Künstlicher Virus zur Bekämpfung der Rinder-Tollwut wurde bei Menschen nachgewiesen  ■ Aus Montevideo Gaby Weber

In Argentien ist erstmals ein künstlich hergestelltes Virus beim Menschen nachgewiesen worden. Im September 1986 soll das von Gentechnikern geschaffene Virus gegen Rindertollwut in der Provinz Buenos Aires an zwanzig Rindern getestet worden sein.

„Das Problem ist, daß wir nicht wissen, was mit diesem Virus passieren kann“, erklärte der Unterstaatssekretär im argentinischen Gesundheitsministerium, Jorge Ahumada, „theoretisch müßte es unschädlich sein, aber wir wissen nicht, wie ein im Genlabor hergestellter Organismus in der Natur mutieren kann und welche Gefahr er für die menschliche Gesundheit bedeutet.“

Die Gen-Versuche mit den Tollwut-Viren waren von dem US-amerikanischen Forschungsinstitut „Wistar-Institute“ durchgeführt worden, das wohl wegen der strengen amerikanischen Vorschriften nach Südamerika ausgewandert ist.

In Argentinien gibt es keine Gesetze über die Handhabung von gentechnisch manipulierten Organismen. Eine Gefährdung der Menschen war von den amerikanischen Wissenschaftlern immer mit Nachdruck verneint worden.

Mitarbeiter des Instituts für Mikrobiologie „Doctor Carlos Malbran“ bestätigten die derzeitigen Untersuchungen, die in drei verschiedenen Labors an den Landarbeitern durchgeführt werden, die damals bei diesen Experimenten mitarbeiteten.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen seien in einem geheimen Bericht den Behörden mitgeteilt worden. Die Milch der Kühe, so heißt es, sei von den Familien der Landarbeiter getrunken worden, und die Familienangehörigen seien bisher noch nicht untersucht worden. Diese Landarbeiter – so ein Beamter der argentinischen Gesundheits-Behörde – seien über die Gefahren nicht informiert worden.

Bei dem Experiment wurden Rinder mit Vaccinia-Viren geimpft. Auf diesen Virus wurde die genetische Information des Rindertollwut-Virus übertragen. Der eigentlich ungefährliche Vaccinia-Virus diente als Transporteur des Tollwut-Virus, damit die mit ihm geimpften Tiere Anti-körper gegen die Tollwut entwickeln, die in Kanada und USA zu großen Schäden geführt hat.

„Das Experiment wurde ohne die geringsten Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt“ – so Unterstaatssekretär Ahumada – „man hat die Tiere nicht isoliert. So konnten sie mit wild lebenden Nagetieren in Kontakt treten und so das neue Virus verbreiten“.