Bayern läßt „Wiking–Jugend“ feiern

■ Rechtsradikale aus mehreren Ländern wichen nach Verbot ihrer Mahnfeier in Hessen nach Bayern aus / Polizei blieb machtlos / Protest von Antifaschisten in Fulda / Festnahmen auf beiden Seiten

Fulda/Fladungen (dpa/taz) - Etwa 200 Mitglieder der rechtsradikalen „Wiking–Jugend“ sowie Neonazis aus den Niederlanden, der Schweiz und Österreich sind in der Silvesternacht - nach einem Verbot ihrer Mahnfeuer an der DDR–Grenze in der hessischen Rhön - ins bayerische Unterfranken ausgewichen. Mehrere Hundertschaften der hessischen Polizei durften jenseits der Landesgrenze nicht eingreifen. In Bayern standen nach Angaben des Einsatzleiters lediglich 20 Beamte zur Verfügung, obwohl er Verstärkung angefordert habe. Die „Wiking–Jugend“ formierte sich um Mitternacht im unterfränkischen Fladungen–Leubach (Kreis Rhön–Grabfeld) mit Fackeln auf der Straße. Die rechtsextremen Jugendlichen sangen unbehindert die beiden ersten Strophen des Deutschlandliedes und Nazi–Lieder. Der bayerische Polizei–Einsatzleiter bestätigte, daß die Neonazis durch das Tragen von Uniformen mit faschistischen Emblemen und mit dem Singen verbotener Strophen des Deutschlandliedes gegen geltendes Recht verstoßen haben. Zur selben Zeit hatten im 20 Kilometer entfernten Hilders in der hessischen Rhön mehrere Hundertschaften der Polizei die Zufahrten zum Ort abgeriegelt, um die „Wiking–Jugend“ am Abbrennen von vier Mahnfeuern zu hindern. Der Fuldaer Landrat Fritz Kramer (CDU) hatte nach langem Hin und Her am Mittwoch alle Aktionen der Neonazis verboten. Gegen den Aufmarsch der Neonazis hatten am Donnerstag etwa 500 Menschen in der Fuldaer Innenstadt protestiert. Im Vorfeld der Demonstration des Aktionskomitees „Nie wieder Faschismus“ wurden sieben Personen festgenommen. Auch 40 Neonazis wurden festgenommen. Bei ihnen wurden Pistolen, Daumenschrauben, Knüppel, Schlagringe und Tränengas gefunden. Gegen Mittag formierten sich rund 350 Menschen zu einer Gegendemonstration. Seit es den Faschisten in den vergangenen Jahren gelungen war, in die Demonstration einzubrechen, begleiteten starke Sicherheitskräfte den Zug, der diesmal jedoch ohne Zwischenfälle verlief. Lediglich bei der anschließenden Kundgebung versuchten Gruppen von rund 50 Rechtsradikalen durch Gegröle und Ansturm auf die Gegendemonstranten zu stören. Sie wurden von der Polizei abgedrängt. Sebastian Wertmuller (Aktionskomitee) beklagte in seiner Rede: „Dieser Staat scheint eine gewisse Portion Faschismus zu seinem Funktionieren zu benötigen.“ af