Eins, zwei, viele Friedensparzellen

■ Rüstungsgegner vermuten fehlende öffentliche Anhörung beim Kauf des NATO–Bunkergeländes in Glimbach / „Friedensacker“ ist Eigentümerin eines Sperrgrundstücks, das parzellenweise an Mitglieder der internationalen Friedensbewegung verkauft wurde

Von Matthias Holland–Letz

Jülich (taz) - Stolpert die NATO im nordrhein–westfälischen Glimbach über ein unkorrektes Genehmigungsverfahren? Das hoffen zumindest die Gegner der unterirdischen NATO–Kommandozentrale, die zur Zeit in dem 500–Seelen–Dorf zwischen Köln und Aachen gebaut wird. Die Antimilitaristen hegen den starken Verdacht, daß die Militärs das gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Anhörungsverfahren in den sechziger Jahren umgangen haben. Ein juristisches Gutachten soll nun klären, ob eine Klage gegen den Weiterbau des 150–Millionen–Projekts Aussicht auf Erfolg hat. Auf diesen Beschluß einigte sich am vergangenen Samstag die Gesellschaft „Friedensacker“ in Jülich bei Köln. Die 882 Mitglieder der Gesellschaft sind Eigentümer eines Ackers, der als Sperrgrundstück im Sicherheitsbereich der künftigen NATO–Kommandozentrale liegt. Im Kriegsfall lenken die NATO–Oberen vom Glimbacher Bunker aus die Operationen der Zweiten Alliierten Taktischen Luftflotte (2.ATAF) und der 250.000 Mann starken Armeegruppe Nord (NORTHAG). Um ein Enteignungsverfahren zu erschweren, haben die antimilitaristischen GrundbesitzerInnen das 6.000 Quadratmeter große Areal in 750 Parzellen zerlegt und diese einzeln weiterverkauft. Einen Zipfel vom „Friedens acker“ nennen heute nicht nur Prominente wie Horst Eberhard Richter und Petra Kelly ihr eigen, sondern auch RüstungsgegnerInnen aus dem Ausland, etwa aus den USA, aus Malta oder Griechenland. Für ausländische Parzellenbesitzer gelte allerdings bundesdeutsches Recht, sagte Gregor Bach, Enteignungskommissar beim Kölner Regierungspräsidenten, zur taz. Durch Anteilseigner aus anderen Staaten werde das Enteignungsverfahren lediglich „um drei, vier Monate“ verzögert. 75 GesellschafterInnen trafen sich jetzt in Jülich, darunter auch ein Vertreter aus Dublin und die vierköpfige Delegation einer Friedensinitiative aus der nordspanischen Provinz Navarra. Ihnen berichtete Helmut Sauer, Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Gesellschaft, vom Ankauf des Bunkergrundstücks. Die öffentliche Anhörung für den Grunderwerb sei angeblich am 20. November 1967 abgeschlossen worden, sagte er. Ende 1984 ließ nun der zuständige Kreis Düren ein Areal unter Landschaftsschutz stellen, welches das Baugelände für den NATO–Bunker am Glimbacher Moolberg miteinschließt. „Ein Indiz dafür, daß 1967 kein Anhörungsverfahren gelaufen ist“, so Sauer. „Sonst hätte der Kreis dieses Gebiet ausgeklammert.“ Im Frühjahr 1986 habe dann ein NATO–Vertreter an einer Sitzung des Rates der Stadt Linnich teilge nommen, weiß Sauer. Dessen Mission: die Ratsvertreter darüber zu informieren, daß weitere Grundstückskäufe für den Bunkerbau nötig sind - aus Sicherheitsgründen. Und wieder, so Sauer, seien weder Gemeinden noch betroffene Bürger an dem Verfahren beteiligt worden. Ulrich Koch, Pressesprecher des Kölner Regierungspräsidiums, widerspricht: Die Kommu nen seien damals als Grundeigentümerinnen „angehört worden“; die damals noch selbständige Gemeinde Glimbach habe den Verkäufen zugestimmt. Koch weiter: Wenn auch Landwirte später ihre Grundstücke freiwillig zur Verfügung gestellt hätten, „reicht das aus“. Eine öffentliche Anhörung sei dafür nicht erforderlich. Nun sucht die Gesellschaft „Friedensacker“ nach einem Anwaltsbüro, das ein Rechtsgutachten erstellen und später womöglich den Prozeß führen kann. Auch fehlt es den RüstungsgegnerInnen an Geld, um beides zu finanzieren. Kontaktadresse der Gesellschaft „Friedensacker“: Gaby Sauer, Kopernikusstr. 20, 5170 Jülich. Bankverbindung des Rechtshilfefonds: Kreissparkasse Düren, BLZ 395 501 10, Konto–Nr. 50 39 342.