„Die lange Bank, des Teufels liebstes Möbel“

■ Auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin gab es wieder keinen klaren Beschluß zum Umgang mit dem eigenen Geld bezüglich Apartheid in Südafrika / Der Evangelischen Studentengemeinde wurden die Flügel gestutzt

Aus Berlin–Spandau A. Zumach

„Ich komme mir vor wie bei einer Synode der weißen Kirchen im südlichen Afrika.“ Jimmy Pallos, Vertreter des namibianischen Kirchenrates, war die Lust auf den gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst am Donnerstagabend gründlich vergangen. Fast drei Stunden hatte die 7. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Berlin–Spandauer Johannesstift gerade über eine harmlose Beschlußvorlage zu Südafrika debattiert–ohne Abstimmungsergebnis. Über 30 der 120 Synodalen hatten sich zu Wort gemeldet, die meisten gegen den Antrag. Darunter politische Prominenz von Hamm–Brücher bis Ex–Bundesminister Dollinger, und - völlig ünüblich bei Debatten des Kirchenparlamentes - Ratsvorsitzender Bischof Kruse sowie fünf weitere Mitglieder des höchsten Exekutivgremiums der EKD. Das konkrete Verhalten des bundesdeutschen Protestantismus gegenüber dem Apartheidsystem in Südafrika bestimmte die Diskussionen und stellte das geplante Schwerpunktthema „Gentechnologie“ in den Schatten. Auslöser war ein Antrag, die die Hildegard Zumach, Generalsekretärin der seit zehn Jahren für den Südafrika–Boykott aktiven Evangelischen Frauenarbeit in der BRD, eingebracht hatte. Gefordert wurden „Maßnahmen im eigenen Bereich auch im Umgang mit kirchlichen Geldern“. Die Synode solle „den Rat beauftragen, die Geschäftsbeziehungen zu den Banken zu suspendieren, die nicht bereit sind, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Südafrika von den vom EKD–Rat im Juli 86 genannten politischen Bedingungen (Freilassung der politischen Gefangenenen, Aufhebung des Verbots schwarzer Organisationen u.a.) abhängig zu machen“. Diese Erklärung, die sich die Novembersynode 86 noch „einmütig zu eigen gemacht“ hatte, fordert die „Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Banken“ zu „ausgewählten, gezielten Sanktionen gegen Südafrika“ auf. Der Antrag hätte Altvermögen, künftige Geldanlagen und laufende Geschäftskonten erfaßt. Von diesem Antrag blieb nach den Diskussionen nur noch ein Torso–Beschluß übrig, „der mit dem ursprünglichen Antrag nichts mehr zu tun hat“, wie der Synodale Immer in einer persönlichen Erklärung zu Protokoll gab. Rat und Landeskirchenleitungen werden „gebeten zu prüfen, wie dafür Sorge getragen werden kann, daß kirchliches Vermögen so angelegt wird, daß dadurch das Aparheids system nicht gestärkt wird“. „Die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbelstück“, kommentierte die Stellerin des ursprünglichen Antrages sarkastisch–resigniert. Auch sonst bot die EKD–Synode wenig Erfreuliches, geschweige Prophetisches. Das komplizierte Thema „Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin“ war zu wenig vorbereitet, um tatsächlich eine breite, Diskussion zu ermöglichen. Die unter großem Zeitdruck zum Synodenbeschluß am Freitagmittag verabschiedete „Kundgebung“ bewegt sich auf der Linie „Nicht alles soll erlaubt sein, was technisch möglich ist“. Einige kritische Anmerkungen gab es zur Praxis von Behörden und Regierungen gegenüber Füchtlingen und auch an die geplante Novellierung des Ausländergesetzes stellte die Synode einige kritische Anforderungen, ohne allerdings die Frage zu diskutieren, wie dies denn gegenüber Innenminister Zimmermann durchgesetzt werden soll. Auch der Evangelischen Studentengemeinde, schon lange im Visier konservativer Kirchenkreise, sollen die Flügel gestutzt werden. Eine zum Teil selbstverschuldete Finanzkrise und unzureichende Abrechnungen der Stuttgarter Zentrale wurden von Rat und Synode zum Anlaß genommen, eine „Strukturreform“ durchzusetzen. Auch der ESG–Generalsekretär kann künftig mit Zustimmung der ESG–Gremien berufen werden. Bis zur Erfüllung dieser Auflagen ist die Auszahlung einiger Haushaltsmittel blockiert. Enttäuschung schließlich bei vielen aktiven Gruppen und Gemeinden, die sich ein vorwärtsweisendes Wort der Synode zum Thema „Versöhnung mit den Völkern der Sowetunion“ erhofft hatten. Es blieb bei der Feststellung im Eingangsbericht des Ratsvorsitzenden, daß eine Denkschrift der EKD zu diesem Thema, ähnlich der 1965 zur Verständigung mit Polen, nicht beabsichtigt sei. Die Begründung, daß man in einem solchen Text den „Schuldanteil der Sowjetunion“ nicht thematisieren könne, ohne damit das Ziel der Verständigung zu gefährden, ist vorgeschoben und übersieht, daß sich eine solche Denkschrift mit dem Ansatz der Versöhnung in erster Linie an die eigene Adresse zu wenden hätte. Hier aber, nicht zuletzt im eigenen Antikommunismus und Antisowjetismus liegen die Probleme.