Der kleine Finger

■ Nicaragua wird mit der Contra verhandeln

Heute vor drei Monaten haben die fünf Regierungen Zentralamerikas das Friedensabkommen von Guatemala unterzeichnet. Und drei Monate hatten sie sich gegenseitig Zeit gegeben, um den offenen Krieg in der Region zu beenden. Doch nichts deutet darauf hin, daß die Waffen so bald schweigen werden - auch nicht, nachdem die Sandinisten jetzt zu Verhandlungen mit der Contra über einen Vermittler bereit sind. Nicht etwa, weil entsprechende Gespräche zwischen Regierungen und Guerillaorganisationen El Salvadors und Guatemalas auch nichts Konkretes erbracht haben, sondern gerade weil die Ausgangslage in Nicaragua eine andere ist: Die beiden linken Befreiungsbewegungen brauchen gegenüber ihren christdemokratischen Regierungen nicht nachzugeben, weil sie von Basen in und Nachschub aus den Nachbarländern weitgehend unabhängig sind - gegen Druck sind sie wenig anfällig. Die Contra ihrerseits darf in den bevorstehenden „indirekten“ Verhandlungen mit Nicaraguas Regierung ihre Neinsager–Rolle nicht aufgeben. Ohne Basis in der Bevölkerung Nicaraguas und ungeliebt im Gastland Honduras, besteht ihre einzige Existenzberechtigung darin, mit ihrem Terror immer mehr Druck auf die Sandinisten auszuüben - Druck im Sinne und Auftrag Ronald Reagans. Die Sandinisten haben ihren Nachbarstaaten jetzt den kleinen Finger gegeben. Nach und nach, das ist abzusehen, wird man von ihnen die ganze Hand verlangen: über direkte Verhandlungen hin zur Regierungsbeteiligung der Rechtsopposition in Managua. Und jedesmal wird das Argument die blanke Macht sein: ohne immer neue sandinistische Vorleistungen kein Stopp der US–Finanzierung für die Contra, kein Rauswurf aus Honduras, kein Ende des Krieges. Michael Rediske