Atomanlage mitten in Bonn

■ Die Uranerzbergbau GmbH arbeitet mit Atommüll aus Hanau mitten in einem Bonner Wohngebiet / Urangewinnung von Minister Jochimsen nebenbei genehmigt / Stadtverwaltung angeblich nicht informiert

Aus Bonn Helmut Lorscheid

Die Uranerzbergbau GmbH (UEB) will in Bonn „in den nächsten Wochen“ mit der Aufbereitung von radioaktivem „Schrott“ aus der Hanauer Reaktor Brennelemente Union GmbH (RBU) beginnen. Bis einschließlich März 1988 soll aus acht Tonnen der bei RBU anfallenden Fertigungsrückständen das zuvor auf drei Prozent angereicherte Uran (U235) herausgelöst werden. Zu diesem Zweck werden in den kommenden Monaten jeweils etwa hundert Kilogramm Atomschrott von Hanau nach Bonn transportiert. In dem Bonner Werk soll der Urananteil mittels Schwefelsäure herausgelöst werden. UEB habe ein Verfahren für die Uranbehandlung entwickelt und von RBU diesen Auftrag erhalten, „weil die das in Hanau nicht können“. Obwohl die Firma auf die Ungefährlichkeit und geringe Strahlungsintensität des „Reststoffes“ verweist, werden die damit betrauten vier Mitarbeiter „wie Strahlenarbeiter in der Kernindustrie behandelt“. Die Versicherung der UEB, wonach die „Strahlung an der Werksmauer endet“, vermag zumindest die Bonner Anti–Atom– initiativen nicht zu beruhigen. Sie fürchten, daß „diese neue Atomanlage, mitten in einem Bonner Wohngebiet, nicht nur für das Personal eine verstärkte radioaktive Verseuchung bedeutet, sondern auch die Atemluft der BonnerInnen durch radioaktive Immisionen belastet“. Angaben der Firma zufolge werden die anfallenden „Prozeßwässer aufbereitet und in den Gewinnungsprozeß zurück geführt“. Weil dies jedoch nicht endlos möglich ist und auch Frischwasser benötigt wird, soll „Überschußwasser nach Kontrolle und Freigabe über die hausinterne Neutralisierungsanlage in das kommunale Abwassernetz gepumpt werden“. Außer dem „gewonnenen Konzentrat“ sollen auch die „Laugungsrückstände an RBU zurückgeliefert“ werden. Direkt neben dem Betriebsgelände leben in einer größeren Siedlung sozial unterversorgte BonnerInnen. Bundestag und Regierungsviertel liegen sichere fünf Kilometer entfernt. An ihnen wird keiner der radioaktiven Transporte Hanau–Bonn und umgekehrt vorbeirollen. Neben den Bonner Kommunalpolitikern ist auch die Stadtverwaltung sauer: „Die Stadt weiß von nichts.“ Angeblich hat SPD– Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen die Stadt Bonn von seiner bereits am 22. Juli 1986 erteilten Genehmigung nicht informiert. Vor allem die Feuerwehr und Katastrophenschutzleitung wußten nach Bekunden der Stadtsprecherin nichts von der Genehmigung zum Umgang mit angereichertem Uran bei UEB.“ Die Atom–Initiativen bezweifeln, daß die gültige Genehmigung (Aktenzeichen 533/89 381), wie von der Firmenleitung beteuert, nur bis Ende März 1988 den neuen Betriebszweig ermöglichen soll. Schließlich wurden 350.000 DM in Umbauten investiert. Dennoch genehmigte Jochimsen nach §9 Atomgesetz: Darin wird der Umgang mit Spaltstoff in bereits bestehenden Anlagen und Gebäuden geregelt, eine öffentliche Eröterung ist nicht vorgesehen.