Niederlage für Alfonsin bei Provinz–Wahlen

■ Peronismus triumphiert bei Parlamentsteilwahlen und bei den Gouverneurswahlen / Alfonsin verliert Mehrheit im Parlament und ist nun auf Übereinkünfte mit anderen Parteien angewiesen / Rechte mausert sich zur dritten Kraft /Wahl verlief ohne gewalttätige Zwischenfälle

Von Bert Hoffmann

Buenos Aires (taz) - Nach den Parlamentswahlen am Sonntag wird für den argentinischen Präsidenten Alfonsin das Regieren schwieriger werden: Seine Partei, die Radikale Bürgerunion (UCR), hat die absolute Mehrheit in der Deputiertenkammer des Parlaments, die zur Hälfte neu gewählt wurde, verloren. Während sie nur 37 Prozent der Wählerstimmen erreichte (sechs Prozent weniger als noch vor zwei Jahren), konnten die oppositionellen Peronisten 41 Prozent verbuchen. Auch die Gouverneurswahlen in den Provinzen wurden zu einem Triumph für die Opposition. Dessen führende Figur, Antonio Cafiero, siegte überraschend deutlich in der Provinz Buenos Aires, der mit Abstand wichtigsten des Landes, weil dort ein Drittel der argentinischen Bevölkerung lebt. In der Hauptstadt selbst allerdings bleibt die UCR stärkste Partei. Mit Cafiero sieht sich Alfonsin zum ersten Mal seit seinem Wahlsieg 1983 einem echten politischen Oppositionsführer gegenüber. Cafiero gehört zu dem demokratisch orientierten Flügel des Peronismus, den sogenannten „Erneuerern“. Ihnen sichert Cafieros Erfolg bei der Gouverneurswahl die Dominanz über den reaktionären orthodoxen Teil des Peronismus. Cafiero selbst festigt seine führende Position in der Partei. Er hat die besten Aussichten, 1989 der Präsidentschaftskandidat des Peronismus zu werden. Auch in anderen Provinzen siegten die Peronisten. Von den 22 Provinzen des Landes verbleiben noch ganze drei in den Händen der UCR. Am folgenreichsten für die Regierungspartei ist jedoch der Verlust der Mehrheit in der Deputiertenkammer. Für alle Gesetzesprojekte muß Alfonsin nun die Unterstützung anderer Parteien gewinnen. Zum einen sind hier Übereinkünfte zwischen den beiden großen Parteien denkbar. Mögliche Ansprechpartner für die UCR sind aber auch die rechten Parteien im Parlament, die dadurch stark an Bedeutung gewinnen. Neben eini gen Provinzparteien ist dies vor allem die erzkonservative Union del Centro Democratico (UCeDe). Bei den Wahlen am Sonntag stieg ihr Stimmenanteil auf landesweit sechs Prozent. Sie hat sich damit als dritte politische Kraft Argentiniens fest etabliert. Die zersplitterte Linke hingegen wird keinen einzigen Abgeordneten ins Parlament entsenden können. Nach Schießereien in den letzten Tagen des Wahlkampfs ist nun von allen Seiten Erleichterung darüber zu spüren, daß die Wahl selbst praktisch ohne gewalttätige Zwischenfälle verlief. Von vielen wird schon die Bedeutung der Wahl an sich betont: zum ersten Mal seit 25 Jahren finden demokratische Gouverneurswahlen nach einer vollen Amtszeit von vier Jahren statt. Weiter will den historischen Bogen zu den Ereignissen von vor 25 Jahren jedoch niemand spannen: Der Wahlsieg der Peronisten in den Provinzen 1962 führte zurnachträglichen Annullierung der Wahlen durch den Präsidenten. Der Wahlsieg der Peronisten vom Sonntag bedeutet insofern auch eine Herausforderung für die argentinische Demokratie. Wenn Cafiero und die anderen neugewählten Gouverneure ihr Amt im Dezember wie vorgesehen antreten können, wovon hier jeder ausgeht, ist diese Demokratie wohl tatsächlich (über–)lebensfähiger als die von 1962.