Unversöhnliche Juristen

■ Zur Ablehnung der Wiederzulassung Horst Mahlers als Anwalt

Als erster kehrte Horst Mahler der RAF den Rücken, wie kein anderer räumte er seine eigene Geschichte immer wieder um und auf. Vor allen anderen suchte er den Dialog. Doch die Geister, die er gerufen hatte, sollen ihn nicht wieder verlassen. Das Ehrengericht gebärdet sich, wie Mahler einst die Justiz beschrieb. Anwälte, die SS–Männer wieder in ihren Reihen aufnehmen, aber über einen revolutionären Schwärmer, der ein Jahrzehnt in der Haftanstalt verbrachte, ein lebenslanges Berufsverbot verhängen, können das nicht mit dem Schutz der Ehre ihres Berufsstandes begründen. Wer NS–Tätern Verstrickung in die deutsche Geschichte zubilligt, und die Entstehung der RAF nicht vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs–Protestes begreift, demontiert eine Instanz, die Gewissen heißt. Mahler ist ein „Verräter“ für die, die weiterbomben und für die, die weiter das Recht pflegen. Dabei steht er aber längst nicht mehr zwischen den Fronten. Denn die sind von Juristen und RAF längst anderswo gezogen worden, weit ab von allen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der Gegenwart. Das Ehrengericht konserviert den „Deutschen Herbst“. Fast zehn Jahre nach Stammheim kann sich ein Berliner Ehrengericht nicht die Generosität erlauben, die jeder kleine Duodezfürst in Zeiten des Absolutismus gelegentlich seinen Feinden gewährte. Diese Juristen sind die Schwäche der Demokratie. Kuno Kruse