Mit Blick nach oben

Dr. Necker, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, war entzückt: „Ich glaube, die Zeiten, in denen Vertreter der Wirtschaft auf dem Campus mit Beschimpfungen oder noch Schlimmerem empfangen wurden, gehören endgültig der Vergangenheit an.“ Kein Wunder, wohl kaum einer der anwesenden Industriebosse ist jemals mit soviel studentischer Artigkeit konfrontiert gewesen. Herausgeputzt wie zur Abiturfeier und die Gesten der großen Vorbilder aus dem Top–Management nachahmend umschwirren und umwarben die studentischen Organisatoren ihre Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die reagierten gelegentlich mit Schmunzeln, wenn z.B. der Betriebswirtschaftsstudent aus dem siebten Semester einen prominenten Redner ankündigte: „Ich habe das große Vergnügen, Ihnen Herrn Professor Dr. Furrer anzukündigen - Bitte, Herr Furrer!“, oder wenn die eifrige Moderatorin nach ihrer Ansage neben dem prominenten Redner am Pult stehenbleibt, bis dieser schließlich irritiert vorschlägt: „Wollen Sie sich nicht vielleicht solange setzen?“ Begeistert über die neue Studentengeneration waren aber alle, selbst der Außenminister vergißt in seinem Einführungsreferat nicht, die „engagierten Studenten“ zu loben. Die Industrie hatte sich ihre neue Verankerung auf dem universitären Campus einiges kosten lassen. Der Kongreß hat allein zwei Millionen DM gekostet. Vor zwei Jahren hatte sich an der Uni Köln ein „Organisationsforum Wirtschaftskongreß“ (OFW) gebildet, das von einem Wirtschatskonsortium, genannt Kuratorium, mit einem Startkapital von etwa 300.000 DM ausgestattet wurde. Die laufenden Kosten für die Organisierung des Kongresses übernahm ein zweiter unternehmerischer Förderkreis. Die Hauptlast schließlich trug ein Kreis von namhaften Sponsoren durch aktive Leistungen im Gegenwert von etwa 1,7 Millionen DM. So hat beispielsweise Swissair auswärtige Teilnehmer herangeflogen, Rank Xerox stellte den Kopier– und Schreibservice, die Bayer AG die Kongreßkoffer und Küppers Kölsch Tische und Bänke usw. Das heißt also, 100 Prozent der Kosten wurden durch Firmen in Form von Geld– und Sachleistungen erbracht. Die Teilnehmer mußten einen Kongreßbeitrag von 1.500 DM (Manager) und 50 DM (Studenten) bezahlen. Abgesehen von einem „kleinen“ Gewinn von etwa 20.000 DM ist damit wieder der finanzielle Grundstock von 300.000 DM für den nächsten Kongreß in zwei Jahren gelegt, bei dem es um künstliche Intelligenz gehen soll. Im übrigen liest sich die Liste von Kuratorium/Konsortium, Förderkreis und Sponsoren wie die beste Börsentabelle: KHD, Gerling, BP, BMW, Siemens, Ciba–Geigy, BDI, Bosch, NUKEM, Hapag–Lloyd, SEL, 4711 usw. usw. Zwei Jahre lang hat das OFW den Kongreß vorbereitet, 1.400 Firmen angeschrieben, 800 bis 900 persönlich besucht und für die Veranstaltung geworben. Es ist das Geld der Wirtschaft, das den Kongreß realisiert hat. Die Studenten haben lediglich ihre Managerqualitäten demonstriert. „Mit Bewerbungsproblemen haben die OFW–Leute später nicht zu kämpfen“ (Vorstandsvorsitzender von KHD und Mäzen der Veranstaltung). Und die 71 zusätzlichen studentischen Helfer und Helferinnen (Tische decken, Geschirr spülen, usw.) bekommen als Lohn kein Geld (“Wir wollten nicht, daß Studenten Studenten bezahlen“), sondern einen Praktikumsplatz bei einer der Sponsor–Firmen. Thomas Moser/JH