Memorandum zum U–Boot–Ausschuß

■ U–Boot–Ausschuß vernimmt Beamten aus Wirtschaftsministerium / Südafrika verfügt angeblich über 95 Prozent des Know–hows zum U–Boot–Bau / Grüne: Nach Memorandum war Genscher seit 1983 informiert

Von Helmut Lorscheid

Bonn (taz) - Tiefe Einblicke in das Selbstverständnis der für die Rüstungsexportkontrolle zuständigen Fachabteilung im Bundeswirschaftsministerium verschaffte die gestrige Aussage des Zeugen Christoph Haase. Der Ministerialbeamte, seit sechzehn Jahren mit der Rüstungsexportkontrolle gemäß Außenwirtschaftsgesetz befaßt, sah keinen Anlaß, die Staatsanwaltschaft zu informieren, als er von der bereits erfolgten Ausfuhr der U–Boot– Blaupausen Kenntnis erhielt. Haase erklärte auf Nachfragen der SPD–Abgeordneten Stobbe und Gansel, er habe nicht abschätzen können, ob „überhaupt eine Straftat vorlag“. Das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) will nach Aussage Haases für die ungenehmigte Lieferung von Konstruktionsplänen für U– Boote nach Südafrika die „telefonische Zustimmung“ des Bundeskanzleramtes erhalten haben. Die Grünen verwiesen auf einen Bericht der südafrikanischen Zeitung The Star, wonach der Kommandeur der südafrikanischen U–Boot–Flotille, Kapitän Evert Gron Groenewald, bereits im August 1986 erklärt hatte, sein Land „verfüge über 95 Prozent des Know–how, das für den Bau eigener U–Boote benötigt werde“. Die Abgeordnete Uschi Eid (Grüne) erklärte, nach Recherchen ihrer Fraktion könne als sicher gelten, daß neben der Freiburger Firma Litef auch folgende weitere Firmen als Zulieferer an dem U–Boot– Geschäft mit Südafrika beteiligt seien: Krupp Atlas Elektronik, Varta, Zeiß, Elektrospezial, Gabler Maschinenbau, Siemens und MTU. Die Grünen haben deshalb beantragt, Akten dieser Firmen im Ausschuß beizuziehen. Gestern wurde in Bonn der Wortlaut jenes Memorandums bekannt, aus dem unter anderem Außenminister Genscher bereits im November 1983 Kenntnis vom geplanten U–Boot–Deal erhielt (siehe taz vom 21.1.87). Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, zu der neben anderen Firmen auch HDW gehört, hatte dieses Memorandum mit einem Begleitbrief „persönlich/vertraulich“ auch an Finanzminister Stoltenberg gerichtet. Unter dem Datum 28.10.83 hieß es: „...Absprachgemäß übersende ich Ihnen in der Anlage einen Vermerk über das südafrikanische Projekt, das bei uns unter der Bezeichnung „Ik 97“ läuft. Ein gleichlautender Vermerk ist Herrn Minister Genscher vor wenigen Tagen übergeben worden.“ In der „Notiz - Argumente IK 97“ wurden mit Datum 6.10.83 bereits jene Wege aufgezeigt, auf denen später der Export der Konstruktionsunterlagen vor sich ging. Unter Punkt 6: „Die Unterlagen gehen als Mikrofilme im Diplomatengepäck über die Grenze (werden abgeholt).“ Unter Punkt 9 hießt es, es sei „außerdem erforderlich, eine begrenzte Umkonstruktion des obengenannten Bootes durch IKL (vorzunehmen) ... weil man Komponenten aus dem Kundenland einzubauen hat. Außerdem würde das IKL die Aufbauten verändern, um deutsches Design zu vermeiden“.