Hoechst–Manager Cordes in Beirut entführt

■ Manager auf der Fahrt vom Flughafen ins Hotel gekidnappt / Zwei Entführungen von Bundesbürgern in der libanesischen Hauptstadt angeblich gescheitert / Möglicher Zusammenhang mit der Verhaftung des mutmaßlichen Flugzeugentführers Hamadei in Frankfurt

Von Kuno Kruse

Berlin (taz) - Der Geschäftsführer der Hoechst–Vertretung im Libanon, Dr. Rudolf Cordes, ist am Wochenende in Beirut gekidnappt worden. Wie das Auswärtige Amt in Bonn am Sonntag erklärte, sei die Deutsche Botschaft in Beirut zuerst durch einen anonymen An rufer über die Geiselnahme eines deutschen Staatsbürgers informiert worden. Cordes und seine nicht näher genannten drei libanesischen Begleiter waren am Samstag nach Augenzeugenberichten auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel zwischen zwei Wagen eingekeilt und von schwerbewaffneten Männern überfallen worden. Die Libanesen, die den Vorfall umgehend gemeldet hatten, waren unbehelligt geblieben. Ein Sprecher der Hoechst AG in Frankfurt bestätigte, daß es sich bei dem Entführten um den führenden Mitarbeiter des Konzerns, Cordes, handle. Der 53jährige vertrete die Interessen des Pharmaunternehmens im Nahen Osten, ohne dort fest zu wohnen. Er flöge aber häufig von Frankfurt aus, wo er mit seiner Familie lebe, in den Libanon. Weitere Informationen über die Entführung waren von der Deutschen Botschaft in Beirut, die seit einiger Zeit nur noch einen „Reststab“ unterhält, am Sonntag telefonisch nicht zu erhalten. Man bespreche die neu entstandene Lage. Weder die Behörden in Beirut noch die Amal–Miliz wissen derzeit nach eigenen Aussagen Näheres über den Verbleib des Entführten. Innerhalb der letzten 24 Stunden seien, so Angaben der schiitischen Amal–Miliz in Westbeirut, die als selbsternannte Ordnungshüter fungieren, bereits zwei Ver suche gescheitert, deutsche Staatsbürger zu entführen. Für die Amal gibt es keinen Zweifel daran, daß die Entführung des Managers eine erste Reaktion auf die Verhaftung des mutmaßlichen libanesischen Flugzeugentführers der schiitischen „Partei Gottes“, Mohammed Ali Hamadei, in Frankfurt in Zusammenhang steht. Die schiitische Amal selbst hatte sich nach der spektakulären Entführung der amerikanischen TWA–Maschine im Juni 85 nach Beirut als Bewacher der Geiseln und Unterhändler der Luftpiraten angeboten. Bereits kurz nach der Festnahme des mutmaßlichen Highjackers in Frankfurt war die Deutsche Botschaft in Beirut auf die dadurch entstandene Gefahr für deutsche Staatsbürger im Libanon aufmerksam gemacht worden. Bisher waren in dem umkämpften Land wiederholt Franzosen und US–Amerikaner entführt worden. Insgesamt gelten z.Zt. 19 Ausländer als gekidnappt. In Beirut leben derzeit um die 200 Bundesbürger, an die mehrmals die Empfehlung der Botschaft gegangen ist, das Kriegsgebiet zu verlassen. Die USA haben ihr Interesse an einer Auslieferung Hamadis gezeigt.