US–Justiz will TWA–Entführer haben

■ In Frankfurt festgenommener Libanese sitzt in Auslieferungshaft / Der 22jährige gilt als Hauptverdächtiger / Bundesdeutsches Auslieferungsrecht schließt Vollstreckung eines Todesurteiles aus

Von Kuno Kruse

Berlin (taz) - Die US–amerikanische Justiz beantragt die Auslieferung des mutmaßlichen TWA– Entführers Mohammed Ali Hamadei. Der 22jährige soll nach amerikanischen Angaben der Hijacker sein, der im Juni 85 während der Entführung der TWA Flug 847 Athen–Rom dem US– Marinetaucher Stethem die Pistole an die Schläfe legte und abdrückte. Die Maschine war mit 177 Passagieren nach dreitägigem Irrflug nach Beirut entführt worden. Am Dienstag wurde Hamadei mit falschen Papieren und neun Litern Flüssigsprengstoff Methylnitrat, explosiv wie Nitroglyzerin, bei der Grenzkontrolle auf dem Frankfurter Rhein–Main Flughafen festgenommen. Eilig wurde am Donnerstagabend vor dem höchsten US–Gericht eine 15pünktige Anklageschrift gegen vier Flugzeugentführer, darunter Hameidi, freigegeben. Ein damit in den USA bereits eingeleitetes Verfahren gegen den Libanesen soll seine Auslieferung beschleunigen. Um welchen der Luftpiraten - damals wurden die Namen von drei Tätern mit Ahmed Gharbije, Ali Junis und Ali Atwa angegeben - es sich handeln soll, ist der hessichen Generalstaatsanwaltschaft noch nicht bekannt: „Da müssen sie schon die Amerikaner fragen. Wir haben die Akten noch nicht.“ Bis Freitag lag den deutschen Justizbehörden lediglich ein Auslieferungshaftbefehl der USA vor. Das endgültige förmliche Auslieferungsersuchen wird fol gen. Die amerikanische Presse beschreibt das Vorgehen ihrer Justiz als vorsichtig.Sollte Hameida wirklich als Haupttäter überführt werden, würde ihn der Umstand, in Frankfurt verhaftet worden zu sein, vor dem elektrischen Stuhl bewahren. Das bundesdeutsche „Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen“ und Artikel 12 des deutsch–amerikanischen Auslieferungsvertrags von 1978 verlangen die Zusicherung, daß über den Ausgelieferten die Todesstrafe nicht verhängt bzw. nicht vollstreckt werden darf. Vorraussetzung für eine Auslieferung, so der Sprecher des Bundesjustizministeriums, Jürgen Schmidt, sei auch das Einverständnis der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die auf Einleitung eines Verfahrens verzichten müßte. Was Hameida mit dem Sprengstoff vorhatte bleibt im Dunkeln. Hameida hatte sich von 1982 bis 1984 in der Bundesrepublik aufgehalten. Seinen Antrag auf politisches Asyl zog er zurück. Er ist Vater einer unehelichen Tochter mit einer deutschen Frau. Ein Mitglied des Selbstmordkommandos zur Befreiung von 766 schiitischen Glaubensbrüdern aus israelischer Gefangenschaft hatte der deutschen TWA– Stewardess erzählt, in der Bundesrepublik gelebt und Autos nach Beirut überführt zu haben. Er „liebe Deutschland“, ließ sich Kinderlieder vorsingen und sonderte amerikanische Geiseln mit jüdisch klingenden Namen aus. Seine arabische Frau und sein Kind seien 1984 in Beirut, als die Stadt von einem US–Kriegsschiff beschossen worden sei, gestorben, berichtete er der Stewardess. Im Flugzeug hinterließ er seine Fingerabdrücke.