BRD–Raketentechnik für Libyen

■ Ein „Elektriker vom bayerischen Land“ liefert technisches Know–how und Elektronik für Raketentests in der libyschen Wüste / Auch Max–Planck–Techniker und ehemalige FDP–Sekretärin in Affäre verwickelt

Von Kuno Kruse

Berlin (taz) -Unter dem Decknamen „Projekt Itissalat“ sollen bundesdeutsche Elektroniker für Libyen Raketen gebaut und bereits Testversuche in der Tibesti–Wüste durchgeführt haben. Das berichtet in ihrer Dienstags–Ausgabe die Illustrierte „Stern“. Als Organisator das Raketendeals mit Ghaddafi soll der Elektronik–Unternehmer Helmut Lang aus Grafrath bei München fungiert haben. Der Jungmanager, Pilot und gelernter Elektroniker, der Messerschmidt–Bölkow–Blohm (MBB), Dornier, die Fraunhofer–Gesellschaft und die U.S.–Weltraumbehörde NASA zu seinen Kunden zählt, liefert elektronische Meßwertübertragungsgeräte für Stratosphären–Raketen. Lang, der sich selbst gegenüber der taz ganz bescheiden als „Elektriker vom Lande und nicht Raketenbauer“ bezeichnet, unterhält eine der zahlreichen Kleinfirmen, die sich hochspezilisiert in die von den Großunternehmen offengelassenen Nischen drängen. So sollen nach dem Stern vorliegenden Unterlagen zahlreiche Firmen aus dem Technologiebereich in dem delikaten Auftrag für den Wüstenstaat verstrickt sein. Wissenschaftler aus Forschungseinrichtungen wie dem Max–Planck–Institut für Kernphysik sollen die Raketenversuche überwacht und Meßdaten mit den Computeranlagen deutscher Forschungsanstalten ausgewertet haben. Wichtigster Partner soll dabei der Mitarbeiter des Heidelberger Max– Planck–Instituts, Hans W. Tron, gewesen sein. Enge Geschäftsbeziehungen sollen aber auch zu dem in New York ansässigen deutschen Kaufmann Gerd Hoffmann bestanden haben, der sich derzeit des Verdachts erwehren muß, Waffengeschäfte mit dem Iran abzuwickeln. Bereits seit Ende 1985 ermittelt die Karlsruher Staatsanwaltschaft unter dem Aktenzeichen 50 Js 51/86 wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Kriegswaf fenkontrollgesetz gegen den „schnellen Brüter aus der Villa“, wie die „Sparkasse Fürstenfeldbruck“ ihren braungebrannten Kunden Lang auf Hochglanzbroschüren lobpreist. Doch das Verfahren ist von der Staatsanwaltschaft derart abgeschottet worden, daß die ermittelnde Zollbehörde Karlsruhe nicht einmal ihrer vorgesetzten Dienststelle Berichte liefern darf. „Verschlußsache“, so die Aktenanweisung, weil „nationale Interessen“ berührt sind. Für 6,5 Mio. DM, zu überweisen auf ein Konto der Münchner Hypo–Bank, soll der bayerische Selfmademan dafür vereinbart haben, Know– How, Blaupausen und elektronische Ausrüstung an Libyen zu liefern. Dazu, so weit der Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft, gab Lang Bestellungen bei verschiedenen deutschen Zuliefererfirmen auf. Lang, der sein Unternehmen auf Nachfrage als Zweimannbetrieb ausgibt, und darauf verweist, daß die Unternehmung, derer er bezichtigt wird, einen größeren Mitarbeiterstab benötige, konnte nach Informationen der Staatsanwaltschaft in Libyen auf einen größeren deutschen und europäischen Technikerstab zurückgreifen, der für die in der Garnisonsstadt Sebha, 600 km südlich von Tripolis, eingetragenen deutschen Firma „Orbit“ unter der Leitung von Ghaddafis Schwager, Colonel Salah, tätig ist. Über die jetzt mit Libyen zusammenarbeitende Firma „Orbit“ ist Lang neben den New Yorker Kaufmann Hoffmann auch mit der ehemaligen Sekretärin der Bonner FDP–Fraktion, Johanna Gertrud Rech, verbunden. Der zuletzt bei dem NRW–FDP–Landesschatzmeister und Bundestagsabgeordneten Hans H . Gattermann tätigen Geschäftsführerin der „Orbit“ soll Lang einen genauen Bericht über das LibyenGeschäft abgegeben haben. Vielleicht wird sie wieder einiges zu erzählen haben. Schließlich hatte sie auch die Flick–Spendenaffäre mit ins Rollen gebracht.