Zulauf für Schönhuber

Nürnberg (taz)–Der kleine Saal der Meistersingerhalle ist überfüllt, der Defiliermarsch erklingt, alles erhebt sich von den Plätzen, ein Beifallssturm braust auf. Soeben hat der große Vorsitzende den Saal zur Wahlkundgebung betreten. Doch es ist nicht Franz–Josef Strauß, der hier wie ein Triumphator einzieht, die Rede ist von Franz Schönhuber, dem Bundesvorsitzenden der „Republikaner“. „Die Altparteien werden unruhig, ein Mann erobert Bayern“, schreibt das in einer Auflage von 350.000 erscheinende Parteiorgan Der Republikaner. Hier mag der Wunsch Vater des Gedankens sein, ganz an der Realität zielt die Aussage aber nicht vorbei. Die Partei des 63jährigen Trägers des bayerischen Verdienstordens bekommt im Landtagswahlkampf in Stadt und Land volle Säle, allgegenwärtig sind ihre Plakatständer. „Ein Beweis dafür, daß Deutschland lebt und ewig leben wird“. Das Pathos läßt dabei die Stimme des stellvertretenden Landesvorsitzenden Franz Fischer erzittern. Im November 1983 schlug die Geburtsstunde der neuen Partei, die zweifellos in der rechten Szene mittlerweile das aussichtsreichste Bindeglied zwischen Konservativen und Neofaschisten darstellt. Enttäuscht von dem von Franz– Josef Strauß eingefädelten Milliardenkredit an die DDR, kehrten damals die CSU–Bundestagsabgeordneten Franz Handlos und Ekkehard Voigt ihrer Partei den Rücken. Zusammen mit Franz Schönhuber gründeten sie „Die Republikaner“, eine nach eigenen Worten „Alternative für den national–orientierten Flügel der CSU“. Als Handlos als damaliger Bundesvorsitzender der Splitterpartei seinen Kompagnon Schönhuber im März 1985 wegen rechtsextremer Tendenzen ausschloß, wehrte sich Schönhuber gerichtlich mit Erfolg und übernahm die Führung der „Republikaner“. Franz Schönhuber (63), ehemaliger Chefredeakteur des Münchener Boulevardblattes tz, dann stellvertretender Chefredakteur des bayerischen Fernsehens, verdankt seine Popularität der Moderation der beliebten Sendung „Jetzt red i“. Sein erstes Buch „Ich war dabei“, in der er seine Erlebnisse als Mitglied der Waffen–SS verherrlichte, avancierte zum Bestseller und war schließlich verantwortlich für seine Entlassung beim BR. Mittlerweile haben es die Republikaner auf über 4.000 Mitglieder gebracht, davon stammen 80 mit Glanz und Gloria in den bayerischen Landtag einziehen, um 1987 den Bundestag zu bereichern. „Wir schlagen die große Durchbruchsschlacht in Bayern“, hieß es und Generalsekretär Harald Neubauer ist sich sicher, daß das Überspringen der 5 in Bayern kein Problem sein wird. „Wie eine hellodernde Flamme überzieht unser Wahlkampf das Land“, stellt er auf einer gut besuchten Wahlversammlung im mittelfränkischen Oberreichenbach fest. Harald Neubauer (34) war Mitglied der rechtsextremen Deutschen Volksunion und stand als Journalist in Diensten des Herausgebers der Deutschen Nationalzeitung, Gerhard Frey. Noch 1979 war er stellvertretender Bezirksvorsitzender und Pressereferent der oberbayerischen NPD, bevor er dann seine neue organisatorische Heimat bei den Republikanern fand. „Der Kampf gegen den Ausverkauf nationaler Interessen“ steht daher auch im Mittelpunkt des Programmes der kleinen Partei. Das bedeutet Kampf gegen die Asylantenflut (“mit Schnellrichtern an der Grenze“), gegen Überfremdung und Drogendealer (“lebenslänglich unter Ausschluß des Gnadenwegs“) ebenso wie ein Nein zur Kernergie und zur WAA (“zerstört unser Volk“), ein Nein zur EG (“blutet unser Volk aus“) und ein Nein zur NATO. Die erhofften Stimmen für das erwartete Kopf–an–Kopf–Rennen mit den Grünen um den dritten Platz sollen aus Franken kommen. „Dort hatte die FDP, als sie noch nationalliberal war, auch 15 % bekommen“, erklärt Neubauer, „dort sind noch gewachsene Volksstrukturen, typisch deutsch“. Da brauche man dann nur noch mit dem Finger zu schnipsen, dann kommen Hunderte von Leuten. Wenn Schönhuber gerade in Nürnberg fordert, daß endlich Schluß sein muß mit der Lüge von der Alleinschuld der Deutschen am 2.Weltkrieg und mit Zerrbildern deutschen Soldatentums auf den Mattscheiben, scheint das dem bunt gemischten Publikum augenscheinlich aus der Seele zu sprechen. „Wir lassen nicht zu, daß alles, was nach nationalem Gedankengut riecht, mit der Auschwitzkeule erschlagen wird“, ereifert sich der Bundesvorsitzende und will die Deutschen von ihrem Schuldkomplex, den ihnen die Juden eingeimpft hätten, befreien. Schönhuber macht keinen Hehl daraus, wo seine Partei steht: „Wir bilden den rechten Flügel des Bundesadlers“. Landwirte werden mit dem Slogan, „die einzig wählbare Bauerninitative“ zu sein, geködert, Heimatvertriebene mit der Forderung, die öffentliche Preisgabe der Ostgebiete als Landesverrat zu ahnden, Handwerk und Mittelstand mit einer Wirtschaftspolitik, die diese vor Monopolisierungen schützt. Die „neue Kraft für Deutschland“ stellt mittlerweile durch Übertritte aus der CDU in Bremerhaven die drittstärkste Fraktion und ist im Bremer Landtag mit zwei Stimmen vertreten. Daß die Republikaner bei den Kommunalwahlen 1984 in Sonthofen auf Anhieb 8,9 „Wir tragen auch Verantwortung in Kommunalparlamenten von Bremerhaven bis Sonthofen“. Mit einem Wahlkampfaufwand von 1,5 Mio. DM (SPD 4,5 Mio., FDP 0,5 und Grüne 0,4) hoffen sie im Freistaat die bundesweite Initialzündung für eine neue rechte Bewegung zu erhalten. Der NPD, die bei den letzten Landtagswahlen noch o,6 bleibt da nur der Schmollwinkel. Vor der Nürnberger Meistersingerhalle verteilen sie Flugblätter, worin sie Schönhuber vorwerfen, er biete lediglich einen Abklatsch aus dem NPD–Programm. B. Siegler/K.Weber