Auf die Insel der Superlative

Den 175. Geburtstag des Alten Museums nutzt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, um die ganze Museumsinsel zu feiern. 2009 sollen alle Bauten offen sein. Gestritten wird, wie restauriert werden soll

Die „glorreiche Geburtsstunde“ der Museumsinsel feiert die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und gibt sich ganz staatstragend. In die Rotunde des Alten Museums am Lustgarten hat sie gestern geladen, denn der Schinkelbau war der Anfang und das Signal für die Errichtung der ganzen Museumslandschaft. Dabei ist es gar kein runder Geburtstag. 1830 wurde der „Bildungstempel ersten Ranges“, wie Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann ihn nennt, von Friedrich Wilhelm III. eröffnet – zelebriert wird also das 175-jährige Jubiläum. Zur Feier des Tages eröffnet die Ausstellung „1830 – Die Antike im Alten Museum“, die der Generaldirektor der Staatlichen Museen, Peter-Klaus Schuster, als „Feuerwerk in Slowmotion“ anpreist.

Schuster versteigt sich an diesem Vormittag noch des Öfteren in Superlative, wenn er das „Universalmuseum“, sprich das Ensemble aller Museen auf der Insel, lobt. Ohne die Antikensammlung, die aus der privaten Königlichen Sammlung hervorgegangen war, hätte es keine Ausdehnung einer ganzen Bildungslandschaft gegeben. „Omnigenae“ zitiert Schuster die Inschrift im Fries über der Säulenhalle des Alten Museums und übersetzt salopp: „Wir sammeln alles, für die Aufklärung und für jedermann zugänglich.“ Das sei die Leitidee bei der Eröffnung gewesen; ein wichtige Rolle habe dabei der „Betende Knabe“ gespielt.

Die griechische Bronzestatue, die nun in der Rotunde des Museums steht, erwarb Friedrich der Große 1747 für seinen Privatbesitz. Im Jahr 1806 wurde der Knabe aus der königlichen Sammlung entfernt und im Zuge des wohl größten Kunstraubs durch Napoleon nach Paris entführt, wo er öffentlich ausgestellt wurde. „Welche Schmach für den preußischen Herrscher, die Statue in Paris zu sehen“, rekapituliert Schuster die Ereignisse. Die Rückerstattung war schließlich der Startschuss für die Begründung einer öffentlich zugänglichen Sammlung und den Bau des Alten Museums.

Es folgten das Neue Museum (1855), die Alte Nationalgalerie (1876), das Bodemuseum (1904) und vier Jahre später schließlich das Pergamonmuseum, Berlins meistbesuchter Bildungstempel. „Wir sind auf dem besten Wege, alle Häuser wieder funktionsfähig zu machen“, verkündet SPK-Präsident Lehmann stolz. Möglich sei dies aufgrund zweier wichtiger Ereignisse. 1999 hatte die Unesco die Anmeldung der Museumsinsel für die Liste der Weltkulturerbe positiv beschieden. Im gleichen Jahr verabschiedete auch der Bundestag den millionenschweren Masterplan zur Wiederherstellung der im Krieg zerbombten und in der DDR lediglich verwalteten Bauten.

Ab 2009 könnten nun wieder alle Gebäude besucht werden, so Lehmann. Dann seien alle Sammlungen endgültig an ihrem Platz – auch die ägyptische Nofretete-Büste, die ab nächster Woche im Alten Museum zwischengelagert wird. Sie kommt ins Neue Museum, das als letztes eröffnet wird und über dessen Restaurierungskonzept derzeit heftig gestritten wird. Statt wie in den 90er-Jahren von dem britischen Architekten David Chipperfield versprochen, werde nun nicht „so vollständig und authentisch wie möglich“ wiederhergestellt, kritisierte die Gesellschaft Historisches Berlin (GHB) in der aktuellen Ausgabe des Magazins Spiegel. Lediglich der „Ruinenstatus“ werde wiederhergestellt. Geplant ist, wie Lehmann bestätigt, verlorenen Teile – etwa das zerbombte Nord-West-Quadrat und das einst prunkvolle, aber zerstörte Treppenhaus – nicht durch Imitate zu ersetzen. Stattdessen würden die Gebäudeteile auf „strukturelle und neutrale Weise“ ergänzt.

Lehmann verwahrt sich gegen die Kritik, dass ein Meinungswechsel hinsichtlich des Restaurierungvorhabens stattgefunden habe. Das Konzept eines „geschichtsbewussten Umgangs mit der vorhandenen Substanz“ sei lange und öffentlich diskutiert worden. Das will wohl heißen: Dass Schmuck und Ornamente nicht erneuert werden und dass vieles im rohen Zustand nur konserviert wird, war stets geplant. Auch sei die Unesco in den entsprechenden Anträgen von dem Konzept in Kenntnis gesetzt worden, so Lehmann. Tina Hüttl