abschied der rosinenbomber
: Hobbypiloten am Horizont

Es ist ein ganz normaler Morgen in Berlin. Die Bäume schaukeln im Wind, irgendwo stolpert ein Rentner über die Bordsteinkante. Oben in der Luft knallen sich schwere Helikopter gegenseitig die Bude ein, der Rosinenbomber meldet aus der Luft angreifende Terroristengeschwader und die von der BVG geschulten S-Bahn-Flakhelfer halten voll drauf.

Wie, Sie halten das nicht für normal? Sie haben Recht. Der Rosinenbomber kann keine angreifenden Terroristengeschwader melden, denn fliegen darf der ja nicht mehr – zumindest nicht über Berlins Innenstadt. Der Rest könnte aber voll real sein. Ehrlich! Denn zum Glück gilt seit Montag das totale Flugverbot über der Innenstadt für Hobbypiloten. Das ermöglicht den Stadtbewachern – wer auch immer die sind –, sofort Maßnahmen einzuleiten, wenn doch mal ein Gurkenflieger seine Runden über dem Kanzleramt dreht. Dann kommen die S-Bahn-Flakhelfer zum Einsatz. Sie fahren auf den Dächern der S-Bahn den Ring ab und knallen alles ab, was ins heilige Zentrum der politischen Macht eindringt.

Eine wichtige Rolle in Berlins neuem Antiterrorkonzept kommt dem Sat.1-Ballon am Potsdamer Platz zu. Der ist dafür verantwortlich, alle Piloten, die beim Fliegen verdächtig gucken, sofort den Flakhelfern zu melden – auch die von den großen Passagiermaschinen, die schließlich noch über die Dächer der Innenstadt schweben dürfen. Notfalls haben die Ballonfahrer auch gleich noch ein Maschinengewehr am Korb hängen, exakt ausgerichtet auf alles, was in Tempelhof startet.

Wundern Sie sich eigentlich darüber, dass der Sat.1-Ballon noch fliegen darf? Dafür gibt’s einen Grund. „Es gibt die Möglichkeit, dem Ballon eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, weil der mit einem Seil am Boden befestigt ist“, so Dirk Inger, Pressesprecher im Bundesverkehrsministerium. Terroristen aufgepasst: Wenn ihr euch ein ganz langes Seil ans Flugzeug pappt und das andere Ende am Brandenburger Tor ankettet, kriegt ihr bestimmt auch eine Genehmigung, überm Reichstag zu kreisen. Ihr habt dann schließlich Bodenkontakt – völlig abgehoben bleiben natürlich eure absurden politischen Vorstellungen.

Fakt ist, dass alles, was fliegt, obwohl es nicht darf, unbedingt runtergeballert werden muss. „Aber den Luftkampf über der Friedrichstraße wird es nicht geben“, beruhigt Bernhard Schodrowski, Sprecher von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Lieber solle man dafür sorgen, dass am Boden härter kontrolliert wird. Richtig ist das! Zum Beispiel könnte man in Zukunft prüfen, ob jemand ein Seil an den Flugzeugboden montiert hat. Das könnte einer dieser Piloten mit Sondergenehmigung sein – also ein Terrorist! MARTIN MACHOWECZ