Studenten werden rar

Zahl der Studierenden seit 2004 um 12 Prozent gesunken

Seit heute hat Nordrhein-Westfalen eine neue Wissenschaftsministerin: Weil Hannelore Kraft sich voll und ganz auf ihren neuen Job als Chefin der SPD-Landtagsfraktion konzentrieren will, übernimmt Schulministerin Ute Schäfer (SPD) das Ressort für die letzten drei rot-grünen Wochen. Viel ändern wird Schäfer in diesen Tagen wohl nicht mehr. Auch nicht daran, dass die Zahl der Studierenden in Nordrhein-Westfalen kontinuierlich sinkt – um zwölf Prozent allein seit dem Wintersemester 2003/2004. Waren damals noch rund 520.000 StudentInnen an den Hochschulen zwischen Aachen und Bielefeld immatrikuliert, so sind es ein Jahr später nur noch 458.000.

Über den Grund des Rückgangs sind sich Politiker und Studenten sogar einig: Die Einführung der Studiengebühren für Langzeitstudenten hat viele Studierende aus den Hörsälen getrieben. Seit dem Sommersemester zahlen all diejenigen, die die Regelstudienzeit um das 1,5-fache überschreiten, pro Semester 650 Euro.

Doch die Einigkeit zwischen Hochschulpolitikern und Studentenvertretern hört genau dort auf, wo es um die Folgen der Studiengebühren geht. Für die einen, wie für die nun abgewählte und zurückgetretene Ministerin Kraft, ist der Rückgang der Studentenzahlen ein „gewollter Bereinigungseffekt“. Kraft glaubt, dass sich vor allem „Karteileichen“ exmatrikuliert haben, die ohnehin kaum noch die Unis besuchten. Studentenvertreter sehen das ganz anders. Sie bezeichnen die Gebühren für Langzeitstudenten als bildungspolitische Katastrophe, die tausende StudentInnen ohne akademischen Abschluss aus den Hochschulen – und auf den Arbeitsmarkt – treibe.

Schon jetzt ist die Aufregung also groß. Dabei wird es bald noch viel schlimmer kommen. CDU und FDP haben bereits im Wahlkampf keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die Einführung von Studiengebühren auch für das Erststudium planen. Nachgelagerte Gebühren in Höhe von bis zu 500 Euro pro Semester werden im schwarz-gelben NRW auf die zukünftigen AkademikerInnen zukommen.

Wer deshalb nun studentische Massenproteste erwartet, hat jedoch weit gefehlt. An der Uni Duisburg-Essen haben sich gerade mal 30 Studenten aufgerafft, den Campus zu besetzen. ULLA JASPER