Späte Einsicht bei der BVG

Gedenktafel für den von rechten Jugendlichen erstochenen Silvio Meier darf bleiben. Die BVG verzichtet nach Protesten auf die Entfernung aus dem U-Bahnhof Samariterstraße

Nach heftigen Protesten hat der Vorstand der BVG gestern beschlossen, die Gedenktafel für den erstochenen Silvio Meier an alter Stelle im U-Bahnhof Samariterstraße hängenzulassen. Ursprünglich sollte die Tafel im Zuge der Sanierung des Friedrichshainer Bahnhofes aus „sicherheitsrelevanten Gründen“, so BVG-Sprechers Klaus Wazlak, aus dem Zwischengeschoss des Bahnhofs entfernt und an einem Treppengeländer im Eingangsbereich angebracht werden. Die zum Gedenken aufgestellten Kerzen, so hieß es, könnten einen Brand verursachen. Außerdem sei der U-Bahnhof kein Ort für Versammlungen. Angesichts der heftigen Kritik, so Wazlak, habe der Vorstand diesen Plan überdacht und verworfen. „Gerade im Hinblick auf unsere Beteiligung an der Aktion Noteingang wäre dies ein falsches Signal gewesen“, erklärte der BVG-Sprecher.

Silvio Meier war im November 1992 von rechtsradikalen Jugendlichen in dem U-Bahnhof erstochen worden. Die Tafel war kurz nach der Tat von Freunden Meiers an der Stelle im U-Bahnhof angebracht worden, an der der 27-jährige Hausbesetzer getötet worden war.

In den vergangenen Wochen hatten sich unter Politikern und Freunden Meiers Wut und Empörung über den Plan der BVG breit gemacht. Das Argument der Brandgefahr sei „albern“, erklärte Ute Donner, die mit Meier befreundet war und die Tafel gestaltet hatte. „Da stecken andere Motive dahinter“, vermutete sie.

Ein Vorgang, der sich im Bahnhof ereignet habe, könne nicht einfach aus dem Bahnhof rausverlagert werden, meinte auch Lorenz Postler (SPD), Sozialstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg und Freund des Getöteten. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte bereits Mitte Januar in einem Schreiben an die BVG betont, die Entfernung der Tafel vom Ort der Tat sei ein falsches Zeichen „in Zeiten, in denen Menschen mit anderen Gesinnungen und anderer Hautfarbe gehetzt und getötet werden“.

Auch die PDS hatte Protest angemeldet: „Der Plan ist eine absolute Unverschämtheit“, so der Abgeordnete Freke Over. Dies sei nicht der erste Versuch der BVG, die Tafel zu entfernen. Die Entscheidung der BVG, die Gedenktafel nun doch an ihrem Platz zu belassen, bezeichnete Over als „Selbstverständlichkeit“. Wie er freute sich auch Lorenz Postler über die Kehrtwende der BVG. Hier zeige sich, so der Stadtrat, dass öffentlicher Protest viel bewirken könne.

Die Gedenktafel ist bereits mehrmals von Unbekannten abmontiert und beschädigt worden. Im Oktober 1998 waren BVG-Mitarbeiter verdächtigt worden, die Tafel gestohlen zu haben. Die Umstände des Verschwindens konnten jedoch nicht geklärt werden. STEFAN KAISER